Sommer, Sonne, Sydney – Mein Leben in Australien Wenn morgens um 7:00 Uhr Menschen in Bondi Beach mal kurz Surfen gehen, sich danach in ihren Nadelstreifenanzug schmeißen und in die Stadt fahren, um in einem Hochhaus ihren Beruf auszuleben, dann befindet man sich in Sydney. Nach ca. 24 Stunden Flug mit Zwischenstopps in Frankfurt und Singapur landete ich schließlich (Mitte Juli) in Sydney. Selbstverständlich erwartete ich puren Sonnenschein, 30°C und zwei gut aussehende, blonde Surfer, die nur darauf warteten meine Koffer zu tragen und mir einen Cocktail in die Hand zu drücken. Nichts da! 16°C und grauer Himmel. Sydneys Winter. Meine Gastfamilie übertraf meine wildesten Vorstellungen einer ‚guten Gastfamilie’. Sie war nicht nur gut, sie war unbeschreiblich perfekt. Ich kam zu einer Familie mit zwei kleinen Kindern, Pearl (2) und Floyd (4). Meine Gastmutter Sasha war Naturheilpraktikerin und Ernährungsberaterin und mein Gastvater Simon war Kunstrestaurator. Sie empfingen mich im wahrsten Sinne des Wortes mit offenen Armen und integrierten mich in ihren Familienalltag. Sie verkörperten voll und ganz die typisch australische ‚carpe diem’ Lebenseinstellung. Wir lebten in einem kleinen ‚Townhouse’ des Komplexes ‚Vaucluse Gardens’ in dem Ortsteil Vaucluse der ‚Eastern Suburbs’. Was mich als erstes faszinierte, war der einladend tieftürkisfarbene Pool im Zentrum des Komplexes. Aber auch die Umgebung war unglaublich! Ging man unsere Straße, die Diamond Bay Road, ungefähr 20 Meter weiter, so gelangte man zum Diamond Bay Park. Dieser Park bestand aus einer ovalen Grünfläche und geschlängelten Wegen entlang der urwaldähnlich zugewachsenen ‚Cliffs’ und grenzte somit an das Tasmanische Meer. An diesem ersten Tag beschloss ich, das Joggen wieder aufzunehmen. Die Wege entlang der Klippen, noch über Diamond Bay Park hinaus würden meine Joggingroute werden. Der Schulalltag in Sydney war überhaupt nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen. Anders als die Aufteilung in Gymnasium, Gesamt-, Real- und Hauptschule gab es nur die Unterscheidung zwischen ‚öffentlichen’ und ‚privaten’ Schulen. Die privaten Schulen, gerade um Sydney, sind immens teuer, die öffentlichen staatlich und weitestgehend kostenlos). Diese Differenzierung erkannte man meistens schon an der Schuluniform, die an meiner öffentlichen Schule namens ‚Rose Bay Secondary College’ nur aus einem Rock, Bluse/Polo und Schulpulli bestand, während an Privatschulen noch spezielle Schuhe, Blazer, Sonnenhüte, Rucksäcke, Schals etc. dazu kommen. Die Schuluniform empfand ich als ungemein praktisch! Wahnsinn, um wie viel die dadurch möglichen zusätzlichen zehn Minuten Schlaf den Tag verbessern. Jeden morgen lief ich mit ein paar Freunden ca. 30-40 Minuten zur Schule. Mit dem Bus wären es zwar nur 5-10 Minuten gewesen, aber die Aussichten auf Sydney und seine Skyline auf dem Weg waren es uns wert. Die Schule begann um 9:00 Uhr. Von 9:00 bis 9:10 Uhr fand täglich der ‚roll call’ statt, wo auf ‚roll call lists’ die Anwesenheit abgehakt wurde. Danach ging es zum Unterricht! Aus ca. 50 Fächern durfte ich sechs auswählen. Zur Auswahl standen neben ‚normalen’ Fächern auch Surfen, Business, Hauswirtschaft, Holzarbeiten und viele andere interessante Fächer. Generell kann man sagen, dass die australische ‚take it easy’ Mentalität auch eindeutig im Unterricht zu spüren war. Der Lehrer war einem guten Freund sehr ähnlich und unterstützten einen so gut es ging bei der Arbeit. Da es keine mündliche Note gab, sahen es die Lehrer als eigene Schuld an, wenn man im Unterricht nicht aufpasste und somit nicht gut genug für die Klausuren vorbereitet war. Im Grunde genommen gefiel mir diese Einstellung zur Selbstmotivation sehr gut, da sie aber so konträr zur deutschen Unterrichtsmethode war, hat es eine Weile gedauert, bis ich mich eingewöhnt hatte. In den Pausen saß ich mit einer Gruppe von insgesamt 12 australischen und zwei deutschen Mädchen auf den Treppen zum Hauptschulhof und genoss die Sonne. Die Sonne in Australien war so stark, dass man selbst im Winter die Wärme noch durch einen grauen Himmel auf der Haut spürte. Dabei verspeiste man tropischen Fruchtsalat, organische Reisgerichte, einen Bananen-Mango Smoothie oder ähnliches. Alle Australier, die ich kennenlernte, waren extrem gesundheitsbewusst. Als um ca. 16 Uhr die Schule vorbei war, gingen wir meist jeden Tag direkt nach Schulschluss 10 Minuten zu Fuß an den wohl bekanntesten Strand der Welt - Bondi Beach. Im Winter um bei Kaffee oder Chai Latte ein ‚Banana Bread’ zu genießen und im Sommer (gegen September waren es schon um die 20°C, ab November durchgehend zwischen 20°C und 30°C)um uns im glasklaren Meerwasser abzukühlen. Verständlicherweise wurde man in der Freizeit nur ungern in Schuluniform gesehen. Deswegen hatte man immer ein Ersatzoutfit in der Tasche und zog sich schnell auf einer öffentlichen Toilette um. Einkaufen konnte man fantastisch in den kleinen second hand Läden in Bondi oder in der großen ‚shopping mall’ Bondi Junction, ungefähr 10 Minuten mit dem Bus von Bondi aus. War man damit immer noch nicht befriedigt, fuhr man ca. zwei Minuten mit dem Zug von Bondi Junction aus ins Stadtzentrum. Dort fand man neben unendlich vielen Geschäften, Restaurants und Chinatown auch den botanischen Garten, das Opernhaus und die berühmte Harbour Bridge. Was mir am meisten während meines halbjährigen Auslandsjahres gefiel? Das Gefühl morgens an freien Tagen aufzuwachen und zu überlegen: Was mache ich heute? Gehe ich an den Strand? Fahre ich in die Stadt? Besuche ich einen Flohmarkt? Setze ich mich in ein Café? Sehe ich mir die neue ‚Street Art Perfomance’ an? Fahre ich nach Chinatown und gehe dort auf die Märkte? Sydney hatte so viel zu bieten und genau diese vielen verschiedenen Möglichkeiten habe ich hoch geschätzt. Sydney ist anders als jede andere Stadt oder Gegend Australiens. Was Sydney ausmacht, ist die wunderbare Mischung aus Natur und Metropolenstadt. Sie ist unglaublich weltoffen und trotz der Hektik der Großstadt ‚easy going’. Auch an ihr merkt man tagtäglich, was für ein junges Land Australien ist. Es übernimmt von jedem Staat etwas, ein wahrer ‚melting pot’ der Kulturen. Diese sechs Monate werde ich nie in meinem Leben vergessen. Ich bin mir sicher mein australisches Leben sehr bald wieder aufzunehmen... Vielleicht nach dem Abi? Wer weiß. Katharina Sies Rose Bay Secondary College, Sydney, New South Wales