G'Day Guys! Zehn Monate sind schon eine lange Zeit. Eine lange Zeit ohne die gewohnte Umgebung, ohne die alten Freunde und ohne die eigene Familie. Aber es sind auch zehn Monate, in denen man viel lernen kann, neue Freunde findet und in eine zweite Familie hineinwächst. In diesem Bericht soll es darum gehen, was ich in meiner Zeit in Australien an der Gold Coast alles erlebt habe, aber das wird wohl schwierig. Denn wenn man versuchen würde, wirklich alles aufzuschreiben, würde man wohl ein ganzes Buch oder mehr schreiben müssen. Und selbst dann könnte man das Lebensgefühl und die Erfahrungen dieser Zeit nicht vermitteln. Dazu muss man selbst in das Land gereist und eine Weile dort geblieben sein. Und jeder, der die Möglichkeit dazu hat, sollte sie meiner Meinung nach auch wahrnehmen! Beginnen wir also mit dem formalen Teil: Jeder der Bewerber wird von iSt zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Hier ist das Wort „Bewerbungsgespräch“ aber vielleicht etwas irreführend, denn eigentlich ist es mehr eine Möglichkeit, noch mehr über den Aufenthalt zu erfahren. Denn man spricht nicht nur mit Angestellten von iSt, sondern auch mit einem „Returnee“, einem Ehemaligen. In der Regel können die Returnees sehr viel über ihre Zeit im Gastland erzählen. Den genauen Ablauf der Formalitäten möchte ich euch hier nun ersparen, das ist einfach zu langweilig... Zu erwähnen wäre aber noch das Vorbereitungstreffen, auf dem ich zum ersten mal die anderen Austauschschüler getroffen habe und bei dem natürlich auch wieder Returnees anwesend waren. Ich habe wegen des Vorbereitungstreffens leider meine Skifreizeit ausfallen lassen müssen. Im Nachhinein kann ich aber sagen, dass es sich gelohnt hat! Kommen wir nun zu dem wirklich interessanten Teil: Australien. Von meinem ersten Tag „Down Under“ habe ich nur die Hälfte mitbekommen, nämlich den Morgen. Gegen 6 Uhr bin ich nämlich bei meiner Gastfamilie angekommen. Diese hat mich auch gleich quer durch die Stadt gefahren und mir alles gezeigt. Dann haben wir meine neue Schwester, eine Brasilianerin, vom Flughafen abgeholt. Sie hieß Gabi und sprach zu Beginn ihres Aufenthalts sehr wenig Englisch, da sie es erst seit einem Jahr lernte. Während der sechs Monate, die sie dann aber bei uns war, hat sie enorm viel gelernt. Es ist also nicht notwendig, schon vor dem Aufenthalt perfekt Englisch zu sprechen! An meiner Schule gab es zum Glück auch zwei sehr nette Betreuerinnen. Ms Bell war für die Stundenpläne aller Schüler an der Schule zuständig und Jeanette war nur für die Austauschschüler da und war eine Art „Beratungsperson“ für alle „privaten“ Dinge, wie zum Beispiel Reisen oder Probleme mit der Gastfamilie. Letzteres blieb mir glücklicher Weise erspart, denn meine Gastfamilie hätte besser nicht sein können! Ich hatte eine 14-jährige Gastschwester namens Nikki, Graham, meinen Gastvater, und Leanne, meine Gastmutter. Außerdem gab es noch Kylie, die auch meine Gastschwester war, aber mit ihrem Verlobten Dane ein paar Straßen weiter wohnte. Die Verlobung der beiden fand übrigens in der Zeit statt in der ich bei der Familie war, sodass ich auch dieses familiäre Ereignis miterleben konnte. Nach einem halben Jahr verließ Gabi uns dann und ging zurück nach Brasilien. Einen Monat später traf jedoch schon mein neuer Gastbruder ein. Er war ebenfalls Brasilianer jedoch ein Jahr jünger als ich. Verstanden haben wir uns aber trotzdem sehr gut, wie auch mit Gabi und allen anderen Familienmitgliedern. Besonders erwähnenswert in Bezug auf die Familie finde ich das Weihnachtsfest. Abgesehen von der Tatsache, dass es an Weihnachten 36 Grad warm war, war dieses Weihnachtsfest wohl eines der besten, die ich je hatte! Denn ich wurde von der gesamten Familie inklusive der Tanten und Onkel so liebevoll in das Fest mit einbezogen, wie man es sich nur wünschen kann. Eine tolle Erfahrung! So hatte ich auch eine sehr enge Bindung zu meiner Gastfamilie. Natürlich hatte ich auch meine „echte“ Familie nicht vergessen. Über E-Mails hatten wir ständig Kontakt und zu besonderen Anlässen, wie zum Beispiel Weihnachten, haben wir auch telefoniert. Durch meine super nette Gastfamilie hatte ich auch keinerlei Probleme in der Schule. Alles lief einfach perfekt, sodass ich auch viel Freizeit hatte, die ich größtenteils mit meinen australischen Freunden verbrachte. Die meisten Freunde findet man natürlich in der Schule. Ich rate allen zukünftigen Austauschschülern schon jetzt, früh Kontakte zu den australischen Schülern aufzubauen, auch wenn die Versuchung groß sein mag, sich mehr mit den anderen Deutschen anzufreunden. Denn es wird sich lohnen. Man selbst lernt nicht nur von den Australiern, sondern sie sind auch an der eigenen Kultur interessiert. Vor allem die Zeitverschiebung und die Nähe Deutschlands zu anderen Ländern sind für Australiern doch sehr interessant... Denn viele von ihnen waren noch nie im Ausland! Wozu auch, wenn sie ein so großes Land haben, in dem es auch so viel zu sehen gibt? Und es gibt wirklich viel zu sehen: Sydney, den Regenwald, das Outback und Fraser Island, um nur ein paar Beispiele zu nennen, für die ich mich während meiner Zeit dort entschieden habe! Bis zum Ayers Rock habe ich es leider nicht geschafft, aber ich hoffe, dass ich das bald nachholen kann. Zum ersten mal auf Fraser Island war ich mit meiner Gastfamilie. Da Graham ein echter Four-Wheel-Drive Fan ist und auch ein entsprechendes Fahrzeug besitzt, beschlossen wir kurzerhand, einen Trip nach Fraser Island und Rainbow Beach, der Küste vor Fraser Island, zu machen. Ein ebenso unvergessliches wie wunderbares Erlebnis, denn die Landschaft auf Fraser Island ist atemberaubend! Von glasklaren Seen, an denen man am Strand sogar den Sand benutzen kann, um Schmuck zu säubern, bis dichtem Urwald bietet die Insel alles, was man sich wünschen kann! Meine zweite Tour führte mich mit einer Gruppe Touristen und zwei (deutschen) Freundinnen in elf Tagen von Cairns bis nach Brisbane. Natürlich mit einige Zwischenstopps und einer dreitägigen Segeltour bei den Whitsunday Islands inklusive Schnorcheln am Great Barrier Reef. Auch wenn der Trip anstengend war: Es hat sich gelohnt! Dabei kam ich dann auch ein zweites Mal für zwei Tage nach Fraser Island. Es war ein ebenso lehrreicher, wie spannender Trip, den ich wohl so schnell nicht vergessen werde! Mein dritter und letzter Urlaub führte mich schließlich drei Tage lang nach Sydney. Zusammen mit einer deutschen Austauschschülerin, die im Januar angereist war, sah ich mir die Stadt sehr gründlich an und bin noch heute begeistert! Eine schönere Stadt kann ich mir kaum noch vorstellen und hoffentlich kann ich sie auch nochmal besuchen. Auch abseits der bekannten Bauten wie der Harbour Bridge und der Oper, gibt es in Sydney viel zu entdecken! Also wenn ihr nach Australien geht, tut euch selbst den Gefallen und reist nach Sydney! Leider, leider war es kurz nach meinem Aufenthalt in Sydney auch schon Zeit, meinen Koffer zu packen! Der Abschied fiel schwer, sehr schwer sogar, denn mittlerweile fühlte ich mich (und das tue ich auch jetzt noch) als ein Teil der Familie! Denn Familie sind für mich nicht mehr nur die Menschen, mit denen ich verwandt bin, sondern vor allem die Menschen, bei denen ich mich wohlfühle. Und bei meiner Gastfamilie habe ich sehr wohlgefühlt! Sie haben mir viel beigebracht über ihr Land und ihre Kultur und den Lebensstil, der anders und abwechslungsreicher gar nicht sein könnte. So habe ich auch immer noch viel Kontakt zur Familie und natürlich auch zu meinen australischen Freunden, obwohl die Zeitverschiebung natürlich einige Probleme bereitet. Natürlich war ich auch froh, meine „alte“ Familie und meine Freunde wiederzusehen, als ich am April in Frankfurt aus dem Flugzeug stieg! Aber ich habe auch einen Lebensabschnitt beendet, der mir sehr viel bedeutet hat und in dem ich sehr viel gelernt habe. Während es in Australien höchstens zwei Wochen gedauert hatte, bis ich mich eingelebt hatte, dauerte es bei meiner Rückkehr nach Deutschland schon wesentlich länger. Es hat aber gut geklappt. Neben einigen sprachlichen Aussetzern, die ich zu Anfang hatte, was meine Freunde aber eigentlich sehr lustig fanden, hatte ich keine schweren Probleme, aber es hat eben doch eine Zeit gedauert, bis ich wieder wirklich zu Hause war. Ein Wort noch an alle Eltern potenzieller Austauschschüler: Wenn Sie Ihrer Tochter oder Ihrem Sohn die Möglichkeit bieten können, einige Monate im Ausland zu verbringen, kann ich Ihnen nur raten, es zu tun. Denn Ihre Tochter oder Ihr Sohn wird Ihnen wohl ewig dankbar sein und Sie ermöglichen ihnen eine Erfahrung, die ein Leben lang hält! Ich hoffe, ich konnte in diesem Text viele Fragen beantworten und hoffentlich auch einigen ein bisschen die Angst vor der Zeit ohne Eltern nehmen. Also traut euch – ich würde es jederzeit wieder machen und wäre nur zu gern an eurer Stelle, wenn es den wieder heißt „G'day Australia“. Viel Spaß Down Under wünscht euch Fabian Nick Miami State High School, Queensland