Der Wunsch nach dem Ausland, nach etwas Neuem, nach einem Abenteuer. Die Bewerbung, das Gespräch und die Entscheidung für eine Organisation, ein Land und eine Schule fallen. Der Brief an die Gasteltern und die Schule wird geschrieben, das Vorbereitungstreffen geht vorbei, genauso wie das eigene Abschiedsfest. Dann die Fahrt zum Flughafen, der Check-in und schließlich, erst dann beginnt man wirklich zu realisieren was vor einem steht: für mehrere Monate ein neues Leben, eine neue Familie, Schule, ein neuer Ort, Freundeskreis und ein ganz anderer Lebensstil. All diese neuen Erfahrungen sind von neuen Regeln begrenzt, mit Herausforderungen und eventuell auch Rückschlägen verbunden. Doch keine Regel, kein Hindernis und keine Herausforderung kann einen davon abhalten die zweifellos – bis jetzt – beste Zeit seines Lebens zu haben. Bevor ich nach Australien an die Goldcoast flog, war ich unglaublich aufgeregt, hatte jedoch dann dank des Vorbereitungstreffens und des Gruppenfluges keine Angst mehr und konnte mich einfach nur auf die vier Tage in Singapur (iSt-Singapore-Experience) freuen. Die Tage in der gigantischen, schnelllebigen und faszinierenden Stadt, die wir mit freier Zeit und vielen organisierten Touren kennen lernen durften, verbrachten wir in stetiger Vorfreude auf Australien, unglaublich guter Laune und Neugierde auf fremde Kulturen. So gingen drei meiner neuen Freunde und ich nicht nur die touristischen Straßen entlang, sondern tief ins Herz von China Town und probierten auf einem „Food Market“ das wirkliche, originale singapurische Essen aus. Eine Erinnerung die ich nie vergessen werde, denn genau so sollte man am besten an seinen Austausch herangehen: ohne Scheu vor Neuem und Unbekannten.
Sarah, mit der ich mein Zimmer teilte, besuchte in Australien auch dieselbe Schule wie ich. In Singapur vereinbarten wir noch möglichst wenig Kontakt zueinander zu haben, und Nicht-Australier als Freunde möglichst zu meiden, doch im Endeffekt haben all die Internationals die ich kennen gelernt habe meinen Aufenthalt bereichert. Deutsche, Italiener, Brasilianer, Chilenen, Mexikaner, Finnen und Franzosen, … das Kennenlernen dieser anderen Länder und Kulturen hat mich noch viel offener für Andere gemacht und mir Freunde auf der ganzen Welt gebracht. Am Flughafen in Brisbane wurde ich zusammen mit Sarah, Tobi und Norman, die bereits mit mir in Singapur waren, von der International Koordinatorin unserer gemeinsamen Schule begrüßt und mit einem Taxi an die Goldcoast gefahren. Wir waren zwar alle müde, aber unglaublich aufgeregt und ich hatte fast ein wenig Angst vor der ersten Begegnung mit meiner Gastfamilie. Als das Taxi in den „Wildduck Drive“ fuhr und schließlich vor Nr.64 stehen blieb klopfte mir das Herz bis zum Hals, doch meine Gastmutter kam mir bereits strahlend entgegen, nahm mir eine Tasche ab und fing an in schnellstem Englisch zu reden.
Sie stellte mir Amanda, meine brasilianische Gastschwester vor und ebenso Sophie, ein deutsches Mädchen, das noch eine Woche mit uns im Haus leben würde, bevor sie zu einer anderen Gastfamilie zog. Davon wusste ich bis zu meiner Ankunft, doch so war es immer in meinem Haus – leicht chaotisch. Kath und Bob, meine Gasteltern sind ein älteres Rentnerehepaar, die früher ihre eigene Metzgerei hatten – für mich als Vegetarierin vielleicht nicht die ideale Unterkunft, jedoch hatten sie bereits sehr viel Erfahrung mit Gastschülern. Ebenso lebten für etliche Wochen beziehungsweise Monate zwei japanische Mädchen bei uns, was für mich auch eine Überraschung war. Doch man arrangierte sich. Ich gewann meine Gasteltern zwar lieb, fand jedoch nicht meine zweite Familie dort – ganz anders mit meiner Gastschwester.
Amanda und ich verstanden uns auf Anhieb gut, hatten zwar auch Reibereien, jedoch war sie nicht nur meine Freundin sondern ist eine wirkliche Schwester geworden. Zusammen kämpften wir mit den Regeln im Haus – nicht länger als fünf Minuten duschen, nach 10 p.m. durfte die Toilettenspülung nicht mehr benutzt werden. Die Goldcoast ist ein wundervoller Ort – das Meer und der Strand, die Stadtteile mit ihren ganz eigenen Charakteren und die vielen Kanäle, die überall die Stadt durchziehen. Auch mit meiner Schule hatte ich eigentlich einen Goldtreffer gelandet – die zentrale Lage, die Nähe zu einem wundervollen See und einem großen Shoppingcenter, zu denen wir nach dem Unterricht immer gingen. Das große Fächerangebot mit beispielsweise Fashion, Marine Studies, Drama, Hospitality, etc. und die große Rolle der Internationals.
So machte ich mit meiner Schule im Rahmen des Marine Unterrichts nach Heron Island eine Reise, wo wir vier Tage im Great Barrier Reef schnorcheln gingen. Dort lernte ich auch etliche Australier kennen, mit denen ich mich sehr gut anfreundete. Auch wurde an meiner Schule, jedoch nur für die Internationals, der sogenannte „BigTrip“ angeboten, mit dem man in zwei Wochen nach Melbourne, Sydney, zum Uluru/Ayers Rock und nach Cairns reisen konnte. In diesem Rahmen besichtigte ich Melbourne und Sydney. Statt der sehr kurzen Outbacktour machte ich die von iSt und über WEP organisierte zehntägige Outbacktour in den Schulferien. Die Tour war sicher eines der Highlights meines Aufenthalts; nie werde ich den Sternenhimmel im Outback und die Leute vergessen. Ebenso fuhr ich mit meiner Schule und den Internationals auf ein dreitägiges Surfcamp in Byron Bay, wo ich zum ersten Mal auf einem Surfbrett stand. Das Surfen machte unglaublich viel Spaß und ich bereue, dass ich es nicht öfter getan habe.
Mit etlichen der Leute, die ich auf dem Outback Trip kennen lernte, habe ich mich noch mehrfach getroffen, da sie entweder bei mir in der Nähe wohnten oder mehrere Tage an der Goldcoast verbrachten. Ich würde jedem, der nach Australien kommt nahelegen, jede Möglichkeit zum Reisen zu nutzen – denn das Land hat unglaublich viele Facetten. Von den rotbraunen Felsen des Uluru, über das schöne Opernhaus in Sydney, die spektakulären Korallen, ein wirklich wunderschönes und lebendiges Melbourne bis hin zur Goldcoast mir ihren ellenlangen Stränden. Als ich Anfang Dezember wieder fliegen musste war ich nicht nur todtraurig, sondern auch unglaublich froh über all die Erfahrungen und Eindrücke, die ich mit meinem eh schon viel zu schweren Gepäck mit nach Hause nehmen würde. Ich habe Tränen vergossen, Umarmungen verteilt, Unterschriften gesammelt und schöne letzte Tage gehabt, an die ich mich ebenso, wie an alles andere für immer mit ganz viel Liebe erinnern werde. Der Aufenthalt in Australien war zweifellos eine der besten Entscheidungen meines Lebens und ich bin so unbeschreiblich froh eine Schwester in Brasilien, einen Lieblingsplatz hoch auf den Felsen in Burleigh Heads, die beste Partys meines Lebens gehabt, sowie so viele Leute kennen gelernt, mein Englisch so schnell verbessert und jetzt ein offenes Herz für die ganze Welt zu haben. Australia – I will never forget you and you’ll always be part of my life.
- Mai-Britt C.
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Sunshine Coast: Mai-Britt C.
Drei Monate Australien... Das hatte ich schon über ein Jahr vor der Abreise festgelegt. Doch was wird dort wirklich…