“I had the time of my life“ - Mein Leben down under Es war das seltsamste Gefühl als ich das letzte Mal, für die nächsten sechs Monate, meine Familie in die Arme nahm. Nachdem ich meiner Schwester einen letzten Kuss auf die Wange drückte, verschwand ich mit meinem Handgepäck durch die Sicherheitskontrolle. Auf dem Weg von Düsseldorf nach Frankfurt war ich auf mich allein gestellt und ich wollte nur noch zurück. Zurück nach Hause. Immer wieder lief mir dieselbe Frage durch den Kopf, warum ich mich auf dieses Abenteuer überhaupt eingelassen hatte? Wo es mir doch so gut hier in Meerbusch ging. Doch als ich meine Gruppe in Frankfurt traf änderte sich meine Stimmung schlagartig. Die Gruppe bestand aus ca. 50 Schülern und Schülerinnen. Jeder hatte sich kurz zuvor von seinen Eltern, Geschwistern und guten Freunden verabschiedet und so starteten wir alle, mit verweinten Augen, in unser neues Leben. Nach anstrengenden 26 Stunden landeten wir endlich am Flughafen in Melbourne. Obwohl niemand von uns viel Schlaf abbekommen hatte, verspürte keiner Müdigkeit. Die Aufregung übertraf alles! Keiner von uns konnte fassen, dass wir gerade am anderen Ende der Welt angekommen waren. Ich kann mich noch genau an die Situation erinnern: Wir kamen immer näher ans Gate und konnten uns nicht entscheiden, wer zuerst durchgehen sollte. Also bogen wir alle gemeinsam um die Ecke, die Türen öffneten sich und trotz der Uhrzeit (6 Uhr morgens) herrschte eine großartige Stimmung. Einige Gastfamilien hatten Plakate mit der Aufschrift „Welcome in Australia“ und manche kleineren Gastgeschwister hielten Luftballons in ihren Händen. Die Begrüßung meiner Gastmutter Janice und ihrer Tochter Katina hätte nicht herzlicher sein können. Sie nahmen mich gleich in den Arm, halfen mir beim Tragen meines Gepäcks und führten mich zum Auto. Langsam überkam mich nun allerdings doch die Müdigkeit. Die beiden erzählten jedoch ohne Punkt um Komma um mich wach zuhalten. Damit ich nicht zu sehr unter starkem Jetlag leiden würde, sollte ich versuchen, bis zum Abend, ohne Schlaf auszukommen. Auf dem Weg zu meinem neuen zu Hause ließen wir Katina raus, mit ihren 30 Jahren wohnte sie nicht mehr bei ihren Eltern genau wie ihr Bruder Tom. Die beiden sah ich aber trotzdem regelmäßig. Den Rest meiner Gastfamilie hatte ich mir anders vorgestellt. Billy, 85, und Peter, 60, waren gesundheitlich nicht mehr die Fittesten. Vor allem mein Gastvater Peter schien sehr krank. Ich vermutete, dass er einen Schlaganfall erlitten hatte. Doch ich gewöhnte mich an die Situation. Woran ich mich die ganzen sechs Monate allerdings nicht gewöhnen konnte war das schmutzige Geschirr und Besteck. Um Wasser zu sparen, wurde nur mit Hand gespült und ich hatte das Gefühl das es nie richtig sauber wurde! Zum Glück ging die Schule schon zwei Tage nach meiner Ankunft los, sonst wäre ich vor Langeweile gestorben. In einem Haushalt mit zwei älteren Männern war nie viel los. Mit zehn weiteren deutschen Austauschschülern trafen wir uns am Montagmorgen im Sekretariat. Wir ernteten viele neugierige Blicke als der „School Coordinator“ uns die verschiedenen Bereiche der Schule zeigte. Völlig verschlafen rannte ich am nächsten Morgen aus dem Haus- nur leider in die falsche Richtung! Als ich das bemerkte, holte ich meinen Stadtplan raus, doch weit und breit war kein Straßenschild zusehen. Dafür aber zwei Jungs die ich auf mein Alter schätze. Also rannte ich, schon ziemlich verzweifelt, zu ihnen und fragte sie nach dem Weg zu „Sandringham College“. Ich hatte Glück! Die beiden gingen sogar in meine Stufe! Was ich dann noch nicht wusste war, dass diese beiden in kürzester Zeit zu meinem besten Freunden gehören würden. In der nächsten Pause lernte ich weitere Leute deren Clique kennen und es ergab sich, dass wir die Pausen gemeinsam vor den Musikräumen verbrachten. Es lief wieder genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Nachmittage verbrachten wir im Shopping Center, das nur fünf Minuten Fußweg von zu Hause weg war, im Park oder am Strand. Schwimmen und Sonnen konnten wir uns allerdings erst ab November, da es davor noch zu kalt war. Was sich auch schnell herausstellte war, dass die Lieblingswochenendbeschäftigung der Australier „Barbecues“ waren. Mit diesen leiteten wir die Wochenenden ein, bevor wir auf eine Party oder an den Strand gingen. Was mir am australischen Leben auch sehr gut gefiel, war die lockere Atmosphäre. In der Schule war diese jedoch eher nicht von Vorteil. Wenn man gut sein wollte, musste man selber daran arbeiten, denn von den Lehrern bekam man keinen Druck zu spüren und Hausaufgaben kannten meine Klassenkameraden auch nicht. Wenn Schüler keine Lust auf den Unterricht hatten, setzten sie sich einfach ihre Kopfhörer auf und hörten Musik. Die ersten drei Monate verflogen unheimlich schnell und schon kamen die Herbstferien. Meine Organisation bot eine Outback-Tour für alle Internationalen Schüler an. Nach langem Überlegen entschloss ich mich daran teilzunehmen. Es war die beste Entscheidung die ich hätte treffen können! Zusammen mit 90 Brasilianern, Italienern und Deutschen reisten wir von Alice Springs zu Ayers Rock und Cooba Pedy, bis zurück nach Melbourne. Jede Nacht zelteten wir an anderen Orten Eine Nacht haben wir sogar mitten im Northern Territory unter freiem Himmel mit Aborigines verbracht. Ayers Rock hat mich besonders fasziniert! Er sah genau so aus wie auf den Postkarten! Leider war es an dem Tag zu heiß um ihn beklettern zu dürfen, also sollten wir stattdessen drum rum laufen, was bei den Temperaturen (38 Grad) weniger angenehm war… Nach zehn Tagen trafen wir wieder in Melbourne ein. Zum Abendessen wurden wir ins Hard Rock Cafe eingeladen. Zwar war ich glücklich, wieder in meinem Bett schlafen zu können trotzdem war das Abschied nehmen sehr traurig. Als ich zu Hause war rief ich das erste Mal meine Eltern an, um ihnen von der Reise zu erzählen. Bevor Mitte November die Sommerferien anfingen, musste ich einige eEams schreiben. Was mich dabei sehr überraschte war, wie ernst diese doch genommen worden! Die ganze Jahrgangsstufe 11 wurde in die Sporthalle geführt, wo jeder an Einzeltischen saß und es sechs Aufsichtslehrer gab. Nach der „exam week“ war aber alles vorbei. Die Ferien hatten schon wiederangefangen und Zeugnisse wurden nach Hause geschickt. Wenn wir am Strand lagen, uns sonnten und Milkshakes tranken, fühlte ich mich wie im Paradies und ich konnte nicht fassen das es für meine australischen Freunde ganz normaler Alltag war. Zugegeben, nach fünf Monaten kam doch manchmal Heimweh auf, aber ich hatte noch etwas auf das ich mich freuen konnte, bevor mich meine Familie Weihnachten abholen würde. Eine meiner besten Freundinnen, die zur selben Zeit in Queensland ein Auslandsaufenthalt machte, kam mich Anfang Dezember für eine Woche besuchen. Es war unglaublich schön wieder ein bekanntes Gesicht zusehen. Ich zeigte ihr meinen Lieblingsstrand und die besten Gegenden zum Shoppen. Natürlich fiel der Abschied wieder sehr schwer, aber die Zeit bis wir uns wiedersehen würden, da waren wir uns sicher, würde schnell vergehen. Nun fing die Zeit an in der ich mir immer wieder sagte: „Das wird nun eins der letzten Male sein, mit dem und dem Bus zufahren, oder mir neues Shampoo zu kaufen.“ Und dann war es auch schon so weit: Zusammen mit einem Freund feierten wir seinen Geburtstag und meinen Abschied. Das Barbecue durfte dabei natürlich nicht fehlen. Es war ein wunderschöner Abend und ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass ich all die Leute, die ich in der vergangenen Zeit kennen gelernt hatte, vielleicht zum letzten Mal sehen würde. Gegen ein Uhr nachts kam wie üblich die Polizei und schickte alle nach Hause. Einige Freunde begleiteten mich in der Nacht noch nach Hause. Mit sehr gemischten Gefühlen legte ich mich das letzte Mal in mein Bett… Als ich am nächsten Morgen aufwachte verspürte ich nur noch Freude! In zwei Stunden würden meine Eltern und Geschwister mich abholen kommen!! Ich saugte ein letztes Mal durch mein Zimmer, schaute zum tausendsten Mal unters Bett und in den Schrank, dass ich auch bloß nichts vergessen hatte. Und endlich klingelte es! Ich hörte Janice die Tür öffnen und sagen: „Wir lassen sie nicht gehen.“ Lachend traten alle ins Wohnzimmer, wo ich sie nach so langer Zeit endlich wieder in die Arme nehmen konnte! Doch bevor ich mit meiner Familie ins Auto stieg um noch zwei Wochen Urlaub zu machen, verteilte ich meine Abschieds- und Weihnachtsgeschenke an Janice, Peter und Billy. Ich konnte gar nicht aufhören mich für die schöne Zeit zu bedanken! Ich muss schon sagen ich hatte richtig Glück mit allem! Janice bot mir immer an mich von überall zu jeder Zeit abzuholen. Außerdem hat sie mir für die Schule immer eine riesige lunch box gemacht mit dem besten Bananenkuchen der Welt! Kim Lakshman Sandringham College, Victoria