Erfahrungsberichte aus Abingdon
Abingdon: Robert Segert
Seit dem 04. September bin ich nun schon in England (Abingdon; Oxfordshire) und ich habe schon eine ganze Menge gelernt, gesehen und erfahren. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie es war als ich hierher kam. Einen Tag vor dem Abflug ist noch vieles geschehen; mein Handy ging kaputt und auf einmal bekam ich einen Anruf von meiner Organisation, dass ich in eine andere Gastfamilie komme als geplant, obwohl ich mit ihnen schon seit April Kontakt hatte. Wie auch immer, es ging dann doch tatsächlich am 04.September zusammen mit meiner Familie zum Flughafen nach Hamburg. Der Abschied fiel zugegeben überraschenderweise sehr schwer, schwerer als ich mir es vorgestellt hatte. Jedenfalls habe ich dann auch schon die Adresse, Namen und Informationen über meine neue Gastfamilie am Flughafen bekommen. Alles weitere war dann gar nicht so schlimm, obwohl ich in eine total fremde Familie kam. Sie waren total nett und ich habe mich Gott sei Dank von Anfang an mit ihnen verstanden. Natürlich waren viele gewohnte Dinge anders hier in England. Was ich anfangs nicht so einfach fand, war der Linksverkehr, Englisch zu sprechen und zu verstehen (so viele englische Akzente) und natürlich in einer völlig neuen Umgebung zu sein, ohne jemanden zu kennen. Weiterhin, ein neues eigenes Zimmer und das Haus hier viel kleiner als daheim (typisch Englisch). Am ersten Tag habe ich mich dann aber gleich zwei Stunden nachdem ich ankam mit einem anderen deutschen Jungen hier getroffen, was mir anfangs sehr geholfen hat. Dann ging es erst mal auf die Suche nach einem billigen Fahrrad (was mittlerweile schon ziemlich gelitten hat, aber stets funktioniert). Am nächsten Tag ging es dann zum allerersten Mal in meine neue Schule, Fitzharrys School. Dort traf ich dann meinen Guardian, eine Mitarbeiterin meiner Austauschorganisation. Sie hat mich begleitet, kurz ein paar einweisende Dinge gesagt und mich dann hier mit meinem Sixth Form Koordinator zur Kurswahl allein gelassen. Dabei habe ich dann folgende Fächerwahl mit ihm zusammen gestellt: Business Studies; Mathematics; English Language (es gibt auch noch Engl. Literature) und P.E. (Physical Education, also so ähnlich wie Sport, allerdings hauptsächlich Theorieunterricht, was mir immer noch recht schwer fällt). Manche Schüler haben auch nur 3 verschiedene Fächer und manche haben 5 (die wenigsten). Wie man sich sicherlich vorstellen kann sind hier einige Dinge anders. Zum Beispiel habe ich in den Fächern English, Maths und P. E. jeweils zwei Lehrer, wobei die Themenbereiche aufgeteilt werden (also in P.E. mit der einen Lehrerin soziale und kulturelle Dinge über Sport und mit der anderen mehr auf den Körper; Muskeln usw. bezogen). Dies sind sozusagen meine Hauptfächer, wobei es keine Wahlpflichtfächer oder ähnliches gibt. Nur einmal alle zwei Wochen habe ich General Studies, wo wir über allgemeine Dinge wie die Finanzkrise reden. (der Stundenplan ist in Woche 1 und 2 aufgeteilt, wobei beide von der Struktur her recht ähnlich sind). In der anderen Woche habe ich statt dessen Klassenleiterstunde. Weiterhin haben wir einmal die Woche Assembly, wo sich alle gemeinsam in der Aula treffen und über weitere Dinge gesprochen wird. Alle zwei Wochen habe ich auch noch ein individuelles Tutorenmeeting mit meinem Tutor um einfach nur in einem kurzen Gespräch zu klären wie es läuft und ob alles OK ist. Ansonsten nehme ich auch noch alle zwei Wochen Teil am Community Service für Mathe teil, wo ich Schülern der 10. Klasse beim Mathematikunterricht helfe. Montags und mittwochs in Woche 1 haben die Sixth Former auch einen freiwilligen Sportunterricht. Daran nehme ich auch so gut wie immer teil. Das Gute daran ist das die Schüler selber wählen können, was sie spielen wollen. Das ist dann natürlich immer FUSSBALL. So etwas gibt es bei uns ja leider nicht. Jedenfalls ist dies jeweils eine Stunde und wir sind meistens so um die 10 Leute. Das Ganze funktioniert dann auch sogar ohne Lehrer. Manchmal kommt nur ein Sportlehrer rein und stellt sicher, dass wir uns auch vernünftig aufwärmen. Bisher hat immer alles sehr gut geklappt und ‘ne Menge Spaß gemacht. Außerdem habe ich an zwei verschiedenen Schulen Unterricht (in manchen Fällen kann man auch an 3 oder 4 verschiedenen Schulen Unterricht haben). Der Grund dafür ist, dass die Schulen hier (zumindest in Abingdon) alle zusammen arbeiten und miteinander verlinkt sind. Allerdings sind alle 4 Schulen im Umkreis von vielleicht zwei Kilometern. Und ich muss zum Glück nur 5 Minuten mit dem Fahrrad fahren um zur John Mason School zum Englisch Unterricht oder P.E. Unterricht zu kommen. Ich nehme hier Teil an den AS-Levels (ich denke ähnlich unserer 11ten Klasse) und ich bin in der 12ten Klasse und habe noch eine Menge an Tests und Klausuren und Prüfungen vor mir. In England werden die Kinder mit 5 eingeschult, sodass ich hauptsächlich mit gleichaltrigen zusammen bin. Kurz; die A-Levels werden hier in Klasse 12 und 13 absolviert. Also AS-Levels (year 12) + A2-Levels (year 13) = A-Levels. Was mir persönlich sehr gefällt ist, dass ich keine Schuluniform tragen muss, da ich Sixth Former bin (12&13 Klasse). Außerdem hat diese Altersgruppe sogar ihren eigenen Gemeinschaftsraum, mit Mikrowelle, Wasserkocher, Musikanlage, Laptops usw. Was mir sehr aufgefallen ist, ist der Umgang mit den Sixth Formers. Wir werden von den Lehrern mehr oder weniger wie Erwachsene behandelt, auf jeden Fall ist der Umgang recht locker. Außerdem gefällt es mir, dass man als Sixth Former in der Kantine ganz einfach ein- und ausgehen kann, wenn man sich was zu Essen oder zu Trinken kaufen möchte. Bei den jüngeren Schülern ist das ganz anders. Die müssen draußen eine Reihe bilden, je nach Jahrgang werden sie dann nach und nach reingelassen und das bei jedem Wetter, Regen, Sturm und Schnee. Auf die Schulen hier gehen auch behinderte Schüler, zusammen mit den gesunden Kindern, ganz anders als bei uns. Und scheinbar scheint es auch sehr gut zu funktionieren. Der Unterricht ist vom Prinzip her ähnlich wie bei uns, vielleicht etwas anders, ich weiß es nicht genau, denn ich hab mich mittlerweile schon sehr gut daran gewöhnt. Allerdings gibt es hier keine Tafeln und Kreide wie bei uns, sondern Whiteboard und Stift. Überhaupt wird hier viel mehr mit Computern und Beamern etc. gearbeitet. Im Allgemeinen würde ich sogar sagen, dass die Schulen hier viel besser ausgestattet sind. Sie haben immer alles da für die Schüler; Laptops, Papier, Stifte, recht große Büchereien in jeder Schule, für den Matheunterricht all die Dinge die man braucht… Außerdem, so scheint es mir, kommen hier so ziemlich alle Kurse zustande, auch wenn sich nur wenige Schüler anmelden. So sind wir z.B. in English nur 12 oder 14 Schüler und wie mein Business-Lehrer neulich erwähnt hat werden die Kurse hier sogar weiter geführt wenn nur 3 Schüler da sind. Was mir weiterhin sehr gut gefällt, ist das Schule erst um 8.40 Uhr oder 8.50 Uhr beginnt. Oder so wie in meinem Fall alle 2 Wochen, wenn man erste Stunde frei hat, geht es auch mal erst 9.50 Uhr los. Blockunterricht gibt es hier auch (1&2 und 3&4). Nach dem ersten Block haben wir normalerweise 20 Minuten Pause und nach dem zweiten Block eine Stunde Mittagspause. Dann die fünfte ‘period’ bis 15.15 Uhr und der Schultag ist vorbei. Was dabei noch zu bemerken ist, ist dass eine Unterrichtsstunde hier 60 Minuten lang dauert. Dies kann dann oftmals wirklich sehr anstrengend sein. Zurück zu dem Beginn des Abenteuers Am ersten Tag ging es dann natürlich auch schon los: Meine erste Englischstunde, wo ich wahrscheinlich nicht mehr als 5-10% verstanden habe. Ja, es war sehr anstrengend. Aber so nach und nach wurde es dann schon viel besser und einfacher. Und ich würde sagen, dass mein Englisch mittlerweile schon ziemlich gut ist. Ich verstehe fast alles und mein Vokabular hat sich bestimmt schon verdoppelt. Jedenfalls habe ich eine Menge Spaß daran hier Englisch zu lernen. Und ich genieße besonders die übrigbleibende Zeit, denn solange ist es gar nicht mehr hin, dann ist es auch schon wieder Juli. Dennoch muss ich zugeben, dass meine englische Aussprache manchmal noch nicht ganz so gut ist, wie ich mir es wünsche. Aber mir bleibt ja noch ein wenig Zeit. Auf jeden Fall erinnere ich mich auch noch an die erste Zeit, besonders weil ich so wenige Leute hier kannte. Dies hielt auch recht lange an. Die Engländer waren zwar alle nett zu mir und wirklich niemand war böse zu mir, aber mir schien es als würden sie einen nicht ignorieren, sondern als würde sie das einfach nicht wirklich interessieren, dass da ein Neuer ist. Ganz anders als ich es bei uns kenne. Wenn wir einen Austauschschüler hatten, kamen alle auf ihn oder sie zu und wollten ganz viel wissen. So nach und nach hat sich das dann aber doch alles gelegt und mittlerweile kenne ich schon soooooo viele Leute und versteh mich mit fast allen prima. Was allerdings auch noch auffällig war, dass z.B. ein Mädchen in meiner P.E. Klasse mich tatsächlich nach drei Monaten gefragt hat, ob ich denn wirklich Deutscher bin. Und dann meinte sie natürlich auch noch “Oh mein Gott, du musst ja so klug sein. Das was wir hier behandeln ist für mich ja schon wie eine Fremdsprache. Und dann noch Du?!” Na ja wie auch immer, mittlerweile habe ich viele Leute kennen gelernt und viele Freunde gefunden. Wobei ich wirklich sagen muss, dass es anfangs wirklich nicht sehr einfach für mich war. Aber ein Junge weint ja nicht. Auf jeden Fall steht fest, dass die Leute hier alle natürlich anders sind als bei uns, sowie auch der Humor. Durch meinen Auslandsaufenthalt hier habe ich mich nicht nur vom Denken und Wissen her verändert, sondern auch mein Alltag. Ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad 20 Minuten hin zur Schule und 20 Minuten zurück. Nach der Schule gehe ich regelmäßig mit einem Freund, der ursprünglich aus Südafrika stammt, in die Gym (das Fitnessstudio). Was hier wiederum rein gar nicht untypisch ist. Außerdem spiele ich nicht nur Fußball innerhalb der Schule wie schon erwähnt, sondern bin ich auch dem Abingdon Town Football Club beigetreten und spiele dort seit September in einem Team. Wenn ich dies mit meinem Sportalltag in Deutschland vergleiche, muss ich zugeben, dass sich somit für mich ganz schön viel verändert hat. Ich bin fit und habe Spaß am Sport und habe erheblich (gesund) abgenommen. Und was viele Leute die mich gut kennen sicherlich nicht glauben werden: JA, ich trinke hier so ziemlich jeden Tag wie fast alle Engländer Tee. Und ich muss zugeben der schmeckt mir sogar. Was sich sicherlich auch noch viele fragen: “Wie ist das Essen in England?” Nun ja, bekannt ist ja sicherlich, dass die Englische Küche angeblich nicht viel zu bieten hat. Aber ich muss sagen, das Essen ist nicht sehr viel anders. Ich finde meine Gastmutter kann ziemlich gut kochen und von daher habe ich mit dem Essen überhaupt gar keine Probleme. Und wer kann schon nein zu Egg and Bacon an einem Sonntagmorgen sagen? Ich denke, dass sich durch dieses Jahr eine ganze Menge für mich verändert hat und ich bin froh, dass ich diese Chance wahrgenommen habe, auch wenn ich viele Schwierigkeiten alleine meistern musste. Nicht nur für meine Sprachfähigkeiten haben sich erheblich verbessert, sondern auch persönlich habe ich mich verändert. Ich bin viel reifer geworden und habe insbesondere gelernt, Dinge daheim viel mehr zu schätzen (Dinge die besonders vorher selbstverständlich waren) und über Dinge nachzudenken, die mich vorher nicht einmal im Traum beschäftigt hätten. An dieser Stelle möchte ich besonders den jüngeren Schülern empfehlen diese Chance wahrzunehmen und zu nutzen. Abingdon, im März Am Ende noch ein paar abschließende Worte, die ich erst jetzt, wo ich wieder daheim bin, hinzufügen möchte: Ich kam erst am 23. Juli zurück nach Deutschland.... Wie man sich natürlich gut vorstellen kann ist zwischen März und Juli noch eine ganze Menge geschehen. Beispielsweise, habe ich noch mehr Leute kennen gelernt, war auf vielen Feiern und wurde immer besser befreundet mit allen möglichen verschiedenen Leuten.Noch im März kam mein Bruder mich noch mit einem Kumpel besuchen und wir haben ein gemeinsames, kurzes Wochenende in London verbracht; das natürlich nur dem Fußball gewidmet war. In den Osterferien kamen mich auch noch meine Eltern besuchen und wir sind ganz schön viel durch England gereist und haben viel gesehen, was für mich alleine natürlich schwer geworden wäre, vom Geld her und so weiter. Das Wetter wurde besser und besser, ich habe in einer Band gespielt, weiterhin viel Fußball, habe noch mehr Leute kennen gelernt, war mit denen viel unterwegs und wir planten schon Dinge für die weitere Zukunft. Und so kam es, dass wir einen Besuch von meinen drei besten englischen Kumpels geplant haben. Bereits im April haben wir dann auch schon die Flüge gebucht. In der Zwischenzeit habe ich meine Englischen AS-Levels abgelegt und alle meine Prüfungen mehr oder weniger gut bestanden. Besonders zum Ende hin, im Sommer, stieg die Anzahl an Feiern enorm, nicht nur weil ich alle meine alten Freunde von dort vermissen würde, sondern auch sie scheinbar mich. Im Englisch wurde ich sogar so gut, dass manche Engländer den Akzent gar nicht mehr heraus gehört haben. Als ich dann wieder in Deutschland war, wurde ich sogar gefragt ob ich ein Ausländer sei, weil mein Rederhythmus ganz anders war als hierzulande üblich. Und es fiel mir teils auch wirklich schwer Deutsch zu sprechen, bzw. auf manche Wörter zu kommen. Aber das verging auch ganz schnell wieder und ich habe mich wieder schnell und richtig gut Zuhause eingelebt. Ich habe wieder viel mit meinen alten Freunden gemacht und wir verstehen uns immer noch alle wunderbar. Außerdem habe ich natürlich wie vor meinem Auslandsjahr auch bei meinem Comeback eine Feier für meine ganzen Freunde organisiert. Dann war es auch schon anfangs August soweit, dass der lang geplante Besuch meiner Kumpels aus England vor der Tür stand und sie auf einmal hier waren. Auch da habe ich natürlich gleich eine kleine Feier bei mir gehabt, damit auch sie gleich meine besten deutschen Freunde kennen lernen. Und ich muss sagen es war für alle eine sehr lustige Woche und auch alle haben mit ihnen auf Englisch geredet und auch sie fanden es toll einmal zumindest teilweise eine andere Sprache zu sprechen und zu lernen. Wir haben sehr viel unternommen und so verging leider auch diese eine Woche schnell. Nun planen wir meinen nächsten Besuch in England. Folglich halten wir natürlich alle den Kontakt weiterhin, hauptsächlich über das Internet. Zur Zeit gehe ich wieder zur Schule und bin dabei, die 11. Klasse, hoffentlich gut zu meistern. In Englisch würde natürlich jeder sagen, dass ich jetzt ein absolutes Ass bin und ich muss zugeben es fällt mir natürlich recht leicht. Allerdings vergisst man leider vieles schnell wieder, besonders weil man ja mit der Sprache nicht mehr so viel zu tun hat. Deshalb muss man sich auch noch weiterhin mit der Sprache auseinandersetzen. Ich versuche dies durch Musik und Lesen, außerdem durch Telefonieren, im Internet schreiben und durch Filme. Allerdings habe ich natürlich große Vorteile im Gegensatz zu anderen Schülern, meiner Klasse. Robert Segert Abingdon, Oxfordshire