Die Entscheidung, nach England zu fahren, kam relativ spontan. Ich hatte lange überlegt, Amerika, England, oder vielleicht doch erst in der 11. Klasse oder nach dem Abitur? Als ich mich dann schließlich angemeldet hatte, war das Vorbereitungstreffen schon vorbei, was aber auch nicht weiter schlimm war. Weil meine Gastmutter noch im Urlaub war, verbrachte ich die erste Nacht in einer anderen Gastfamilie. Dort teilte ich ein Zimmer mit Leila, einer anderen deutschen Austauschschülerin, mit der ich mich sofort gut verstand. Es fühlte sich überhaupt nicht merkwürdig an, mit ihr englisch zu sprechen. Glücklicherweise waren wir auch zusammen auf der Skerton High School in Lancaster. Zunächst waren wir ziemlich viele Austauschschüler an der Schule, viele wechselten aber im Laufe der Zeit die Schule um nicht nur mit anderen Austauschschülern zusammen zu sein. Ich lebte mich schnell ein und lernte viele Leute aus vielen verschiedenen Ländern kennen. Nach der Schule gingen wir oft in die Innenstadt von Lancaster, ins Kino, die Gegend erkunden oder etwas essen. Besonders toll fand ich den alten Buchladen am Pier in Morecambe. Auf die Frage, ob er eine Ordnung in seinen Büchern hätte, antwortete der Besitzer nur „A little“ – trotzdem fand er immer, wonach wir ihn fragten. An den Wochenenden fuhren wir oft in andere Städte, manchmal nur mit Freunden, manchmal mit unserem Local Coordinator und den anderen Austauschschülern. Mit unserer Koordinatorin Frances waren wir z.B. zwei Tage London und einen in Glasgow. Beide Städte waren total super – erst haben wir alle zusammen eine Busrundfahrt gemacht und dann durften wir in Gruppen die Stadt erkunden. Außerdem nahm meine Gastmutter (ich habe übrigens allein mit meiner Gastmutter und ihrem Hund gewohnt – und mit wechselnden Gastschwestern) mich mit nach Liverpool und Manchester, wo sie arbeiten musste und ich allein die Städte erkunden konnte. Besonders Liverpool war für mich als Beatles-Fan total toll. Das Beatles-Museum (das übrigens dem in Hamburg sehr ähnlich ist) hat mir so gut gefallen, dass ich später noch einmal mit zwei Freundinnen hinfuhr. In Manchester fand ich das „Affleck’s“ am besten, ein riesiges Gebäude voll mit kleinen, alternativen Geschäften. Dort gibt es alles von Poster, über CDs, Schallplatten bis hin zu Klamotten und Taschen. Am Schluss hatte ich mich in der großen Stadt leider so hoffnungslos verlaufen, dass ich mit dem Taxi zurück in die Jugendherberge fuhr, in der meine Gastmutter auf mich wartete. Später fuhr ich noch ein zweites mal nach Manchester – mit zwei Freundinnen wollte ich mir den deutschen Weihnachtsmarkt dort ansehen. Es war wirklich komisch, mit den Bratwurst- und Lebkuchenverkäufern deutsch sprechen zu können. Auch zu dritt verliefen wir uns, fanden den Bahnhof aber schließlich nach ausgiebigem Kartenlesen und Leute-nach-dem-Weg-fragen wieder. An Halloween verkleideten wir uns und zogen so um die Häuser. Wir sammelten sogar einige Süßigkeiten ein – fast undenkbar in Deutschland, noch dazu in unserem Alter! Aber die Engländer spielten mit. Und wenn mal jemand nichts „Süßes“ hatte, gab es von uns eben „Saures“. Auch die Bonfire Night am 5. November war ein tolles Erlebnis. Es gab ein riesiges Feuerwerk und ein kleiner Jahrmarkt wurde auf einer Wiese aufgebaut. Es war irgendwie traurig, einen nach dem anderen wieder nach Hause fliegen zu sehen, Mit vielen werde ich ja zum Glück in Kontakt bleiben, mit einigen hab ich sogar schon Pläne für ein Treffen. Frances organisierte für jeden, der England verlassen musste, ein Abschiedsessen beim Italiener, zu dem alle anderen Austauschschüler eingeladen waren. Die Planung dafür war leider meistens ziemlich chaotisch – die meisten erfuhren erst sehr kurzfristig davon, manche sogar gar nicht. Trotzdem wurde es hinterher immer lustig. Rückblickend sind die 3 ½ Monate, die ich in England verbracht habe, einfach viel zu schnell vergangen. Trotzdem finde ich die Zeit, nämlich 1 Term, eigentlich ziemlich gut, weil man auf diese Weise nicht zu viel in der Schule in Deutschland verpasst und somit das Schuljahr nicht wiederholen muss. Nach England zu gehen war eine der besten Entscheidungen in meinem Leben, und ich würde es jedem empfehlen, der gerne einen Auslandsaufenthalt machen möchte.