Wie ist das so, ein ganzes Jahr oder zumindest eine sehr lange Zeit, weg zu sein? Was erst einmal sehr herausfordernd, fast unvorstellbar klang, entwickelte sich zu einer so wertvollen Erfahrung, dass ich es auf jeden Fall an alle weitergeben möchte. Mein Name ist Christina und ich habe ein Jahr in Maple Ridge bei einer wundervollen Gastfamilie verbracht, die ich bestimmt auch noch nach langer Zeit wie ein Teil meiner eigenen Familie ansehen werde. Meine Schule war die Westview Secondary School. Die Aufregung vor meinem Flug hielt sich in Grenzen, mein Bruder war auch schon ein Jahr in den USA gewesen; ich dachte also in etwa zu wissen, was mich erwarten würde. Nie hätte ich gedacht, dass alles so anders und so besonders sein wird. Denn so ein Jahr weg von allem, bringt einen nicht nur dazu viele andere Menschen kennen und lieben zu lernen, sondern auch sich selbst einmal neu in den verschiedensten Situationen zu erleben. Das Packen vorher war bei den Vorbereitungen und der Reise das Schwierigste. Was sollte ich mitnehmen? Letztendlich lief es darauf hinaus, dass ich ein Paket mit Wintersachen, die ich nicht sofort brauchen würde, per Post schickte. Besonders schwere Sachen, wie meine dicke Winterjacke und Stiefel, sowie Pullover und Snowboardhelm. Da ich auch in Deutschland schon lange Golf spiele, nahm ich auch mein Bag mit Schlägern mit. Bevor man das jedoch macht, sollte man sich über die aktuellen Preise von Sportgepäck informieren, die sich immer ändern können. Bei mir kann ich sagen, dass alle Klamotten, die ich für das Jahr zurück gelassen hatte, eigentlich auch weg gekonnt hätten. Der Stil ändert sich über die Zeit doch sehr und was einem am Anfang schon nicht so gefallen hat wird einem danach wahrscheinlich auch nicht besser gefallen.
Meine Gastfamilie bestand aus den Eltern, zwei Töchtern (14 und 15) und zwei Katzen. Mir fiel es sehr leicht, mich dort einzuleben und ich genoss es sehr, statt eines Bruders zwei Schwestern zu haben. Mit ihnen konnte ich auch einfach mal schnell abends in Jogginghose zum Supermarkt laufen und Mehl zum Backen kaufen, dazwischen noch was bei Tim Hortons trinken und währenddessen ein paar Leute treffen, die genauso leger und ungestylt wie wir unterwegs waren. Kanadische Familien sind einfach total locker und freundlich, erwarten jedoch auch, dass man seinen Teil zur Harmonie beiträgt. Der Wille auf gutes Zusammenleben sollte von beiden Seiten kommen und auch die Fähigkeit Kompromisse einzugehen ist wichtig. Wenn dann noch genügend gegenseitige Sympathie dazu kommt steht nichts mehr im Weg, um sich dort wie zu Hause zu fühlen. Meine große Liebe ist das Snowboarden, von daher war ich viel in Whistler und auf dem lokalen „Grouse Mountain“ unterwegs. Meine Schule „Westview“ hatte einen Ski und Snowboard Club, der etwa vier- oder fünfmal im Jahr einen Ausflug zu diesen Bergen gemacht hat. Das Gute daran war, dass man einen Lehrer oder besser gesagt Guide dabei hatte, der einem das Gebiet und auch noch ein paar Techniken gezeigt hat. Man konnte sich auch vor Ort Ski oder Snowboards ausleihen. Es gab vier Gruppen verschiedenen Schwierigkeitsgrades von kompletten Anfängern bis sehr Fortgeschrittenen. Der Schnee in Whistler ist wirklich toll! Gerade wer Tiefschnee fahren mag ist dort gut aufgehoben. Einige Male sind wir auch nur mit ein paar Freunden und per öffentlichem Bus zum Snowboarden gefahren. Andere Ausflüge waren Abstecher in die USA mit Freunden und immer sehr amüsant. Ich kannte auch einige die Mountain Bike gefahren sind oder viel wandern waren. Es ist einfach wirklich für jeden was dabei.
Mein Schulalltag war interessant und unterschied sich sehr von Deutschland. Natürlich gab es auch dort Mathe und Englisch aber ich kannte es jetzt noch nicht, dass man auch Kochen oder Chor als Schulfach wählen konnte. Die Lehrer dort sind meistens sehr verständnisvoll auch wenn es mit der englischen Sprache mal nicht so gut klappt und haben viel Geduld. Jedem Deutschen, der das Jahr nicht wiederholt, muss ich sehr ans Herz legen den höchsten Mathekurs, Calculus 12, zu wählen. Alle anderen Kurse haben einfach nicht das Level, das in Deutschland benötigt wird. Aber so habe ich jetzt kein Problem in Mathe. Und der Ausgleich für schwierigere Fächer wie Mathe ist durch leichte und spannende Kurse auf jeden Fall geschaffen. Der Chor zum Beispiel hat riesigen Spaß gemacht. Wir hatten drei Schulauftritte im Jahr und die Leute hätten unterschiedlicher nicht sein können. Von der achten bis zur zwölften Klasse kann ich sagen: Musik bringt Menschen zueinander, denen ich sonst vielleicht keinen zweiten Blick gegönnt hätte. Einen mehrtägigen Ausflug nach Edmonton mit dem Chor gab es auch. Dort gibt es eine riesige Mall, die ein Schwimmbad und Achterbahnen beinhaltet. Insgesamt gab es viele Ausflüge, die von Lehrern organisiert waren. Ganz am Anfang war ich zwei Tage mit Sport weg zum Kanufahren und Campen. Bei der wundervollen Natur in Kanada ist das natürlich ein besonderes Erlebnis. Auch Kochen, was viele von meinen Freunden gemacht haben, schien toll zu sein, und das ein oder andere Mal haben wir auch zusammen nach gebacken, was sie vorher in Cooking gelernt hatten. Da kann man auf jeden Fall viel Neues mit nach Hause bringen. Und wenn du noch mehr Leute in deinem Alter kennen lernen willst: Mach doch bei einem Schulteam mit! Viele andere Austauschschüler waren in dem Hockey Team und hatten dort eine gute Zeit (verbrennt auch die ganzen Kalorien, die man von der kanadischen Café Kette Tim Hortons durch Donuts und French Vanilla zu sich nimmt). Da ich mit Hockey nicht so viel am Hut hatte bin ich stattdessen ins Basketball Team gegangen und so ein Teil der Gruppe geworden. Wir hatten viele Spiele und viele Trainingstermine, die einem halfen, einen guten Ausgleich zum Schulalltag zu finden. Bei den für die Austauschschüler angebotenen Ausflügen war ich fast immer dabei und hatte viel Spaß. Darunter war ein Eishockey Spiel, Ausflüge nach Victoria und Vancouver, Whale Watching und Snowboarden. Da hatte man eine gute Gelegenheit die Gegend und andere Austauschschüler aus aller Welt kennen zu lernen. Doch genug von den Schwärmereien, oft werde ich gefragt: Was war denn das aller schwierigste? Tja, das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Heimweh? Sich einzuleben? Die Sprache? Wieder zurück zu gehen? Man muss sich klar sein, dass nicht immer alles einfach sein wird. Aber genau das macht den Reiz aus! Rausgehen, wenn man Probleme hat und Kontakte zu knüpfen, ist eines der wichtigsten Dinge, es gibt da so viele tolle Leute.
Und Kanada hat unglaublich viel zu bieten. Ich bin oft mit Freunden nach Vancouver gefahren, die Stadt ist atemberaubend! Ich hielt mit meiner Familie in Deutschland durchgängig einen sehr engen Kontakt, was ja durch Skype und Facebook leicht möglich ist. Bei großen Entscheidungen oder wenn es mir mal nicht so gut ging und ich Heimweh bekommen habe, konnte ich mich immer an sie wenden, was auch gut so war. Das Beste, was mir diese Gespräche gebracht haben, war, dass sie vieles noch einmal von außen gesehen haben und mir auch mal ganz klar gesagt haben, dass ich mich jetzt doch mal nicht so anstellen soll und das Leben in Kanada genießen soll. Schließlich hatte ich nur eine begrenzte Zeit und die Eltern sieht man ja wieder. Ein Jahr weg von allem alten ist auch eine gute Zeit mal etwas ganz neues auszuprobieren. Ich bin einem Tanzstudio beigetreten und habe dort Jazz und Hip-Hop getanzt. Es ist wirklich nur zu empfehlen keine Angst zu haben einfach mal etwas ganz ungewöhnliches zu machen, ich könnte es mir jetzt gar nicht mehr ohne vorstellen! Wie viele andere haben auch wir uns die Frage gestellt wie man denn da drüben am besten bezahlt. Bewährt hat sich die Methode mit der Kreditkarte. Freunde von mir, die Bargeld dabei hatten, hatten es schwerer, da es dann doch mal nicht ganz gereicht hatte und etwas nachgeschickt werden musste. Das geht vielleicht, wenn man ein halbes Jahr bleibt, ist für 10 Monate dann doch etwas mühsam. Der bedeutendste Teil waren die Freundschaften, die ich dort schloss. Nicht nur Kanadier nahmen mich mit in ihre Welt, auch andere Austauschschüler aus Mexiko, Japan, Belgien und andere Deutsche zählte ich zu meinem engsten Kreis. Von mir persönlich kann ich sagen, dass ich sehr selbständig geworden bin. Man schließt unvergessliche Freundschaften, wenn man einmal gelernt hat offen zu sein, und wird ganz sicher eine Zeit voller Abwechslung genießen, denn jeder Augenblick ist unglaublich kostbar.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Lasst euch diese Möglichkeit nicht entgehen, es wird einen jetzt noch unvorstellbaren Wert für euch und eure Zukunft haben.
- Juliane O.
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Squamish: Juliane O.
3 Monate in Kanada - das war mein Traum und im Frühjahr ist er endlich in Erfüllung gegangen. Nach ausführlicher…