Ganze acht Monate habe ich in Kanada gelebt, bin dort zur Schule gegangen und habe Erfahrungen gemacht, die ich wohl nie wieder vergessen werde. Jetzt stellt sich natürlich nur noch die Frage: Wie sollen diese ganzen Erfahrungen, die ich in acht Monat gesammelt habe, auf eine Seite passen? Natürlich könnte ich mich kurz fassen und einfach schreiben: es war fantastisch! Obwohl das wahr ist, spiegelt das nicht ansatzweise meine Gefühle wieder, die mich in Kanada begleitet haben. Also will ich versuchen etwas genauer zu werden. Was jedoch klar ist: zwar kann man durch Berichte das Erlebnis in Kanada lebendig werden lassen, aber so etwas muss man selbst erleben, um genau verstehen zu können, warum es etwas so Besonderes ist. Es war mein erster Flug... …und deshalb war ich auch unglaublich aufgeregt, als ich morgens aufwachte und dachte: „Fliegst du jetzt wirklich in ein paar Stunden für eine so lange Zeit weg?“ Ich konnte es nicht realisieren. Nicht, als ich meine Koffer in das Auto packte, nicht als ich im Flugzeug saß und noch nicht einmal, als ich in einem fremden Bett in Kanada Stunden später einschlief. Wenn ich zurückdenke, muss ich sagen, es war schon sehr emotional am Flughafen. Ja, ich habe geweint, als ich hinter den Schalter trat und das letzte Mal für eine lange Zeit meine Eltern, Freunde und meinen Bruder sah. Danach jedoch hatte man fast gar keine Zeit sich weiter darüber Gedanken zu machen, weil man viel zu sehr aufgeregt war. Als ich das erste Mal sah, wo ich für acht Monate leben würde... …hätte ich fast vor Freude geschrien – vielleicht habe ich es sogar. Aus dem kleinen Flugzeug hatte man eine gigantische Aussicht über Vancouver Island: Berge, Seen, Bäume direkt am Meer, viele kleine Inseln, die Wasserfontänen einiger Wale und zum Schluss eine wunderschöne Stadt: Victoria. Die Menschen in Kanada wurden mir als „freundlich“ beschrieben. Das waren sie auch, aber ich glaube ich habe mich noch nie so wohl gefühlt, wie bei den Kanadiern: egal, wo man ist, Leute bieten einem sofort Hilfe an, sind total offen und haben einen besonders ausgeprägten Sinn für Humor. Mein Alltagsleben in Kanada… …bestand erst einmal aus einem sieben- und einem zehnjährigen Gastbruder, die zwar etwas laut, aber äußerst niedlich waren, dem lustigsten Hostdad der Welt und einer Hostmum, die meine beste Freundin hätte sein können. Das Leben in der Gastfamilie ist wirklich sehr wichtig für ein Auslandsjahr. Man darf sie nicht als „Hotel“ ansehen und sollte auch mal etwas im Haushalt helfen. Ich war zum Schluss ein richtiges Familienmitglied und vermisse es nun besonders zwei kleine Gastbrüder zu haben, die mit einem „Pokemon“ spielen wollen. Die Highschool war natürlich ein Highlight für sich. Neben „lockers“ und Lehrern, zu denen man eine richtige Freundschaft aufbaut, trifft man dort seine meisten Freunde. Ich bin auf die Belmont Secondary School gegangen und ja, ich trauere diesen Zeiten wirklich hinterher! Am Anfang stand ich unter Druck, dass ich schnell viele Freunde finden müsste, weil „Germans“ doch nicht so besonders sind, wie alle gesagt haben, was bedeutet, dass nur eine Hand voll Kanadier auf mich zu gekommen sind. Aber dann habe ich schließlich heraus gefunden, dass man einfach auf Leute zu gehen muss. Jetzt kann ich stolz sagen, vier beste Freunde in Kanada zu haben, von denen mich schon eine Freundin in Deutschland besucht hat. Was mich wirklich beeindruckt hat… …war, dass ich dort viele Dinge erlebt habe, die ich in Deutschland nie gemacht hätte. Ich bin „leadership“ beigetreten und habe mit 30 anderen Schülern diskutiert, was man an der Schule alles verändern kann. An der Schule werden einem viele Freiheiten gelassen und die Fächerwahl ist atemberaubend. So hatte ich im ersten Semester das Fach „Writing“ belegt und damit einen großen Traum erfüllt. Ich schreibe für mein Leben gerne und in diesem Kurs hat man wahrhaftig !nur! Kreatives geschrieben, wie zum Beispiel ein eigenes Drama. Dann war da natürlich noch die Nähe zur Natur verbunden mit klasse Freunden. Am Ende des Sommers stand Schwimmen im See, Lagerfeuer am Meer auf dem Programm und im Winter ging es dann Skifahren. Um zu lesen bin ich auf einen Berg geklettert, der fünf Minuten von meinem Haus entfernt lag. Eine wunderschöne Erfahrung war noch „whale- watching“ für mich, weil ich vorher noch nie Wale in freier Natur gesehen hatte. Zum Schluss… …kann ich nur noch sagen, dass allein der Gedanke an Kanada mir immer ein Lächeln auf mein Gesicht zaubert und ich schon fleißig für meinen Rückflug spare. Die Leute in Victoria sind einfach nur nett und freundlich. Neben meiner „Starbucks“-Sucht werden die Freundschaften, die ich dort geschlossen habe, für ein Leben halten. Seitdem ich wieder zurück bin, weiß ich erst was „vermissen“ bedeutet. Außerdem ist es einfach genial Internationals zu kennen, die über ganz Deutschland verstreut leben. Ich freue mich schon jetzt auf die Städtereisen. Ein Auslandsjahr ist etwas, das ich nur jedem empfehlen kann. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass es die Chance ist, eine furchtbar tolle Zeit zu haben. Denn nun kann ich sagen, dass ich eine zweite Heimat gefunden habe: Kanada. Hannah Dames Belmont Secondary School, Victoria 2009/10