Die Kanadier selbst nennen British Columbia "The best place on earth" und nach den vier Monaten, die ich dort verbracht habe, kann ich diesem nur zustimmen. Es ist einfach wunderschön! Für mich hatte schon immer festgestanden, dass ich in der 11. Klasse einen Auslandsaufenthalt machen würde und so fing ich an, mir die Programme verschiedener Organisationen durchzulesen und nach einer Weile stand Canada dann für mich als Reiseziel fest. Das erste Kribbeln stellt sich bereits ein, als ich von IST viel Material über Kanada zugeschickt bekam und als ich dann auch endlich per E-Mail Kontakt zu meiner Hostfamily aufnehmen konnte war die Vorfreude perfekt. Ende August war es dann soweit und ich verließ meine Familie, Freunde und Deutschland am Frankfurter Flughafen mit einem weinenden und einem lachenden Auge und meine Reise in die große weite Welt anzutreten. Doch erst als wir in Calgary gelandet waren und unsere zwei Begleiter von IST uns nicht auf dem weiterführenden Flug nach Vancouver Island begleiten konnten wurde mir klar, dass für mich nun etwas völlig Neues und Unbekanntes begann. Meine Gastfamilie, die mich am Flughafen in Victoria in Empfang nahm, wollte alles über mich wissen und eröffnete mir sogleich, dass wir erst einmal nach Hause fahren, mein Gepäck ablegen und dann gleich zum Campen aufbrechen würden. Obwohl ich mich am liebsten erst mal allein in meinem Bett verkrochen hätte, saß ich zwei Stunden später samt Gasteltern und kleinem Gastbruder im Auto und fuhr in Richtung Nanaimo. Das Wochenende war trotz ein wenig Heimweh sehr schön und ich bekam sogleich das kanadische Leben hautnah mit. Meine Gasteltern und ihre Freunde spielten bei einem Baseballturnier mit, bei dem ich anfangs noch nicht einmal die Regeln verstand. Wir wohnten in einem Wohnwagen, grillten bereits zum Frühstück und die Natur war atemberaubend schön. Eine Woche später hieß es für mich dann schließlich: Schulanfang. Ein bisschen Bammel hatte ich ja schon, neue Sprache, neue Leute, neue Schule. Der erste Schultag war dann jedoch so völlig anders als ich es mir vorgestellt hatte. Ich lernte viele neue Leute kennen, denn die Kanadier sind wirklich sehr hilfsbereit und um mich an der riesigen Belmont Secondary zurechtzufinden brauchte ich ein paar Tage, in denen ich auf Hilfe angewiesen war. Als Fächer hatte ich Englisch, Spanisch, Mathe und Psychologie gewählt, die jeweils in Blocks von ca. 60 Minuten unterrichtet wurden. Der Unterricht war jedoch bis auf Englisch um einiges entspannter als in Deutschland, denn man beteiligt sich kaum mündlich sondern fast ausschließlich schriftlich mit sogenannten Assignments, die der Lehrer benotet und auch das Lehrer – Schüler Verhältnis könnte man manchmal sogar als freundschaftlich beschreiben. Die Belmont Secondary bietet ein sehr umfangsreiches Sport- sowie Musikprogramm an und ich kann nur jedem empfehlen Sportangebote zu nutzen, da dies der leichteste Weg ist um neue Bekanntschaften zu machen. Ich wohnte in Nähe der Schule, die ich sowohl zu Fuß als auch mit dem Bus erreichen konnte. Busfahren ist in Kanada übrigens wirklich günstig und durch das gute Verkehrsnetz kommt man auch schnell überall hin. Die Busfahrer lesen einen sogar an der Straße auf, wenn sie sehen, dass man es nicht mehr bis zur Haltestelle geschafft hat und kommen meist fast auf die Minute pünktlich. Mit meiner Gastfamilie verstand ich mich gut, obwohl es etwas Zeit braucht, bis man sich aneinander gewöhnt hat. Sie gaben mir vom ersten Tag an das Gefühl, nun Teil ihrer Familie zu sein und haben immer versucht, mir den Aufenthalt in Kanada so schön wie möglich zu machen. Mir machten auch viele tolle Ausflüge mit den anderen Austauschschülern, die aus Deutschland, Brasilien, Texas und China kamen, so fuhren wir zum Beispiel ein Wochenende nach Vancouver, außerdem in die Butchart Gardens, in Museen oder in einen Hochseilgarten. Alles natürlich freiwillig, man wurde zu nichts gezwungen und wenn man Fragen oder Probleme hatte konnte man sich immer an die Ansprechpartner im School Bord Office direkt neben der Schule wenden, die allein für die Austauschschüler zuständig waren. Ich erlebte im September Temperaturen bis zu 35 Grad, im Winter hingegen waren wir eingeschneit und der Strom fiel aus. Kanada ist wirklich ein atemberaubend abwechslungsreiches Land in dem es so viel Schönes und Neues zu entdecken gibt, dass ich nur jedem raten kann die Zeit dort zu genießen und das Neue zuzulassen, auch wenn es anders ist und man sich anfangs nichts sehnlicher wünscht, als wieder nach Haus fahren zu können. Als ich nach 4 Monaten und mit ca 20.000 (!) Fotos wieder nach Hause zurückkehrte, konnte ich kaum fassen, dass die Zeit wirklich so schnell vergangen war. Durch die Zeit im Ausland bin ich auf jeden Fall selbstständiger und selbstbewusster geworden, natürlich habe ich besser Englisch gelernt, aber vor allem sehe ich Dinge nun anders und habe meinen Horizont erweitert. Ich finde es toll, sagen zu können, dass ich schon in Canada gelebt habe und treffe oft Menschen, die mich um diese Erfahrung beneiden. Nehmt soviel von eurem Aufenthalt mit, wie ihr könnt und genießt jede Minute! Ich wünsche euch viel Spaß im wunderschönen Kanada. Julia Osterland, Belmont Secondary School, Victoria, British Columbia, August – Dezember 2008