Salt Spring Island – Out of the ordinary! Es war Fernweh, das mich reizte. Ich wollte mal etwas Neues kennen lernen, nicht immer nur in den eigenen vier Wänden leben. Ich war gespannt auf neue Abenteuer und glaubte, dass man dort so etwas wie ein zweites Leben anfangen konnte. Von Erzählungen Anderer hörte ich, wie jeder seine eigenen Erkenntnisse machte. Jeden zog es in eine andere Richtung, jeder lernte andere Leute und andere Sachen kennen. Doch eines blieb: jeder wuchs über sich hinaus, wurde erwachsener und mache unglaubliche Erfahrungen. Und so begannen einige von meinen. Salt Spring, die kleine „Hippie“?Insel zwischen dem Festland (Vancouver) und einer größeren Insel (Vancouver Island), war für 10 Monate mehr oder weniger mein Zuhause. Die Leute sind offenherzig und freundlich. Es hat einen typisch amerikanischen Flair, überall kann man für gerade mal einen Dollar mit Kreditkarte bezahlen, ist aber auch sehr verschieden wie der Rest Kanadas. Mitschüler und Lehrer sind wie auf demselben Niveau, Unterricht ist anders und mit ein wenig mehr Freiheit. Da es viele Schüler von verschiedenen Kontinenten dort hin zieht gibt es ein ausgebildetes International Program und es ist unglaublich, wie gerne Leute dort jemanden total fremden in ihr Leben, ihre Familie und ihr Heim aufnehmen. Freunde finden geht praktisch durch Bekanntschaften von Leuten, die denselben Kurs gewählt haben. Mathe, English und Physik zum Beispiel sind fast gleich wie in Deutschland, und wer dann noch etwas wie Gitarrenunterricht (als festes Fach im Stundenplan), Holzarbeiten oder Tanzen wählt, hat das kanadische Fächerangebot voll ausgeschöpft. Ich würde euch wirklich raten, neben den wichtigen Fächern auch welche zu nehmen, die einfach nur Spaß machen. So eine Fächerwahl gibt es in Deutschland nicht und etwas lernen tut man aber garantiert in jedem dieser Fächer. Damit wir uns am ersten Schultag nicht verlaufen, wurde uns am Tag davor mit allen anderen International Students die Schule gezeigt und der etwas ungewöhnliche Stundenplan, zumal sich die Fächer in ihrer Reihenfolge nie ändern, aber jeder Tag und jede Woche mit einem anderen Fach beginnt. Verwirrend? – Ja, aber völlig normal nach den ersten paar Tagen. So nach und nach wird man Teil der Schule, lernt viele Leute kennen und wird Teil oder Zuschauer von verschieden Schulaufführungen. Da gibt es die Tanzvorführung, wo auch Schüler?Choreographien aufgeführt werden, Theatervorstellungen, die der absolute Hammer sind, oder auch eine Musikshow mit allen Musikkursen. Klar, wer dann immer noch einen Kajaktrip machen will, kann auch das tun, da eine lokale Truppe von Kletterern, Kajaklehrern und Wanderern viele Ausflüge anbieten, allerdings nicht ganz preiswert. Meine Gastfamilie hatte 2 Kleinkinder und war sehr freundlich. Ich lebte noch mit einer Chinesin zusammen und wir hatten viel Spaß nachdem wir uns angefreundet hatten. Am Anfang war das jedoch nicht so einfach. Jedenfalls lernte ich, dass Gastfamilien wie Lose sind. Natürlich bekommst du einige Information über sie, aber wer garantiert, dass es 100%ig hinhaut? So etwas passierte mir. Nach 7 Monaten wechselte ich zu einer anderen Familie, da meine Gastmutter nochmals schwanger wurde und ich langsam aber sicher das Gefühl hatte, dass sie sowieso schon viel zu viel mit den anderen zwei Kindern zu tun hatte. Meine zweite Gastfamilie, die für mich wirklich als Familie zählt, war der absolute Volltreffer. Meine Gastmutter war weder streng noch fühlte ich mich unbeachtet, meine Gastbrüder waren die besten und einzigen Brüder, die ich je hatte. Mit der Hilfe meines älteren Gastbruders lernte ich skaten und kaufte wenig später mein eigenes Longboard (ein vergrößertes Skateboard). Ich schickte es später nach Deutschland. Von da an begann die beste Zeit meines Aufenthaltes. Meine Freundinnen und ich gingen öfters mal aus, hatten nie Langeweile und jedes Wochenende mehr als genug zu tun. Das war, was ich gesucht hatte. Meine Wochenenden waren das Beste der ganzen Woche und meine Freunde und Familie die unterhaltsamsten und lustigsten Personen, mit denen ich die Tage verbrachte. Meine Gasteltern wollten sich zwar scheiden lassen und daher musste ich schon wieder Koffer packen und weiterziehen, doch ich behielt einen sehr guten Kontakt mit ihnen. Nie hatte mich eine Familie so ins Herz geschlossen außer meiner eigenen. Ich hatte die ganze Familie kennengelernt und die Schwester meiner Gastmutter lud mich sogar 3 Wochenenden zu ihr nach Hause ein. Sie zeigte mir Teile von Vancouver Island und so lernte ich die Gegend doch noch etwas mehr kennen. Wir hatten sehr viel Spaß. Es kam mir vor, als wäre die erste Hälfte des Aufenthaltes eine Probe gewesen, die zweite die verdiente Belohnung. Ich kam nach Kanada mit der Illusion ein anderer Mensch zu sein, einer, der ich immer hatte sein wollen, alle meine Probleme zuhause gelassen. Ich dachte, das würde die tollste Zeit meines Lebens werden. Doch es war nicht ganz so. Ja, es ist schwer neue Freunde zu finden, nicht an die falschen zu geraten und sich ein neues soziales Umfeld aufzubauen. Ja, ein Auslandsjahr stellt dir mehr als nur eine Probe. Ja, das Schicksal ist unfair und macht es dir nicht leicht. Aber ist das wirklich eine Hürde? Ich schaue zurück auf ein zum Abschluss sehr lustiges Jahr, dass mich mehr gelehrt hat als jemals irgendetwas davor. Ich wurde selbstbewusst, selbstsicherer, lockerer und entspannter. Ich habe neue Prioritäten und Meinungen bekommen. Ich lernte Gitarre zu spielen und zu skaten und kann mich glücklich schätzen, dem unerklärlichen Sinn des Lebens einiges näher gekommen zu sein. Kurz: ich wurde so ziemlich die Person, die ich hatte werden wollen. Nach Kanada zu gehen, eine neue Kultur, andere Menschen und Gegebenheiten kennenzulernen, war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.