Ein Schuljahr in Kanada – das war seit Jahren mein Traum! Das dann doch nur ein halbes daraus wurde, lag daran, dass in Kanada kein Latein unterrichtet wird, ich aber dieses Fach mit dem Latinum abschließen und deshalb im 2. Schulhalbjahr der 11. Klasse am Lateinunterricht teilnehmen wollte. So flog ich am 29. August 2008 von Münster/Osnabrück mit Zwischenstopps in Frankfurt und Calgary nach Victoria, British Columbia – gespannt auf „meine“ Familie, die ich bereits durch etliche E-Mails und Fotos kennen gelernt hatte. Ich wohnte in Sidney, einer kleinen Stadt 35 km nördlich von Victoria, der Hauptstadt von British-Columbia. Mir hat es dort sehr gut gefallen, da die Landschaft mit Bergen, Wäldern und Inseln ausgesprochen schön ist, die Menschen sehr freundlich sind und mir die Schule besonders gut gefiel. Meine Gastfamilie hat mich sehr gut aufgenommen. Sie hat sich, da ich mir zu Beginn der Sommerferien einen komplizierten Beinbruch zugezogen hatte, um weitere ärztliche Nachsorge und Physiotherapie gekümmert. Ich habe an den meisten Aktivitäten meiner Gastfamilie teilgenommen und fühlte mich wie ein Mitglied der Familie. Meiner 10-jährigen Gastschwester habe ich bei den Hausaufgaben geholfen, mein gleichaltriger Gastbruder und meine 20-jährige Gastschwester haben mich unterstützt, wenn ich mal etwas nicht wusste. Die Jugendlichen in British Columbia leben fast so wie in Deutschland, außer, dass alle Jobs haben, um etwas Geld zu verdienen. Außerdem benötigen sie Arbeitserfahrung, um ihren Abschluss zu bekommen. Meine Schule war die Parkland Secondary School (ca. 800 SchülerInnen von der 7. bis 12. Klasse). Ich hatte nur vier Unterrichtsfächer, diese dafür aber an jedem Schultag für eine Doppelstunde von 80 Minuten. In Mathematik und Chemie (12. Jahrgang) waren die Kurse mit 30 bzw. 32 Schülern sehr groß. In diesen beiden Fächern habe ich erfolgreich an den Zentralprüfungen der Provinz BC teilgenommen. In Englisch und Französisch war ich im 11. Jahrgang, hier waren wir 21 bzw. 22 SchülerInnen. Im zweiten Halbjahr hätte ich vier neue Fächer wählen müssen. Ich fand dieses Schulsystem sehr gut, da der Unterricht so viel intensiver war und nicht ständig wiederholt werden musste. Anfangs war es etwas gewöhnungsbedürftig für mich, immer mit dem Schulbus fahren zu müssen (in Lingen wohne ich nur einen Kilometer vom Franziskusgymnasium entfernt) und von 8:15 bis 15 Uhr Unterricht zu haben, aber ich habe mich schnell eingewöhnt. Was ich außerdem noch sehr gut fand war, dass die Lehrer immer bereit waren, uns vor oder nach dem Unterricht zu helfen, wenn wir z. B. Probleme mit dem Stoff hatten. Es fiel übrigens während der ganzen Zeit kein Unterricht aus, da grundsätzlich Vertretungslehrer, in der Regel Fachkräfte, eingesetzt wurden. Das in British Columbia gesprochene Englisch ist sehr gut verständlich, so dass ich kaum Verständnisprobleme hatte. Besonders interessant fand ich während meines Aufenthalt unsere „Whale Watching Tour“, bei der wir etliche Schwertwale sahen, den Thanksgiving Day sowie die Art, wie man dort das Weihnachtsfest feiert. Wir waren mit Großeltern und Tante zu neunt und fast eingeschneit, es lagen über 20 cm Schnee. (Seit 37 Jahren war ganz Kanada erstmalig wieder schneebedeckt.) Für mich hat sich der Aufenthalt auf jeden Fall gelohnt, da ich nun besser Englisch spreche und mich jetzt traue, mich mit anderen Leuten auf Englisch zu unterhalten. Jetzt lese ich noch lieber englischsprachige Literatur und sehe englischsprachige Filme. Außerdem habe ich – ein Einzelkind – so das Leben in einer Familie mit drei Kindern, drei Katzen und einem Hund erlebt. Meine Eltern und ich haben uns von iSt, besonders von Frau Marx, immer gut betreut gefühlt. Das war insbesondere deshalb wichtig, weil wegen meiner komplizierten Unterschenkelfraktur Betreuungsbedarf während des Hinfluges auf den Umsteigeflughäfen bestand und Fragen der ärztlichen Nachsorge in Kanada gemeinsam mit meiner kanadischen Gastfamilie geklärt werden mussten. Svenja Fleischmann Parkland Secondary School, Sidney, British Columbia August 2008 – Februar 2009