Am regnerischen, vorletzten Schultag meines 9. Schuljahrs ging ich nicht zur Schule. Ich versuchte mich mental auf das Bevorstehende vorzubereiten, was aber, wie ich später feststellen musste, fehlschlug. Ich konnte vor lauter Nervosität nicht ausschlafen und nichts essen und nicht still sitzen und eigentlich gar nichts tun. Gegen 16 Uhr stiegen meine Familie, ich und hoffentlich nicht zu viele Kilo Gepäck ins Auto und fuhren zum Düsseldorfer Flughafen. Seit knapp 3 Monaten hatte ich auf diesen Moment hingelebt, mir immer wieder vorgestellt wie es sein würde und doch war es dann so anders als erwartet. Ich umarmte Jeden mindestens 10 mal und lief dann, nach ein paar letzten Worten und Wünschen durch die Absperrung. Dann blickte ich noch einmal zurück und sah mir meine Liebsten ein letztes mal an – für (damals noch angedachte) 3 Monate. Als ich alleine ins Flugzeug von Düsseldorf nach Frankfurt stieg fing ich an zu weinen, und hörte auch bis zum Landeanflug nicht auf, dann siegte die Flugangst über die Traurigkeit. Zusammen mit ca. 90 weiteren Internationals ging es dann weiter, über Singapore nach Auckland. Diese 24 Stunden verbrachte ich in einem komischen Zustand, gemischt aus Vorfreude, Müdigkeit, Angst, Traurigkeit und Aufregung. Angekommen, wurde ich sehr lieb von meiner Gastfamilie in Empfang genommen und gepflegt. Die ersten beiden Wochen bestanden jedoch hauptsächlich aus Jetlag, Heimweh, schluchzenden Telefonaten bei Nacht und aufmunternden Ausflügen mit anderen Deutschen am Tag. Am 1. August war dann mein Geburtstag und gleichzeitig der erste Schultag am Lynfield College. Ich lernte gleich mehrere andere deutsche Austauschschüler kennen, von denen ich mich mit zweien sehr gut anfreundete. Sowieso findet man während dem Austausch sehr schnell andere Deutsche mit denen man sich auch sehr schnell super versteht! Ich hatte Maths, English, Health, P.E (als Pflichtkurse), Beauty Therapy, Fashion&Design, Drama&Dance und Hospitality gewählt. Es war eine gute Wahl, die Fächerauswahl ist in Neuseeland einfach super. Ich lebte mich sehr schnell ein, ging den Großteil des Tages in die Schule und nachmittags mit Freunden in die Mall oder besichtigte mit anderen Sightseeing-begeisterten Deutschen schöne Orte. Ich machte mit meiner Gastfamilie einen Wochenendausflug zur Bay of Islands, ging zur New Zealand Fashion Week, fuhr einen Tag nach Waiheke Island und feierte mit den Kiwis den Sieg der All Blacks im Rugby. Aus 3 Monaten Austausch wurden 4 und ich begann mich nicht mehr wie ein Tourist oder International sondern fast einheimisch zu fühlen. Dann fingen in Neuseeland die Sommerferien an und ich machte mit der Organisation Active Planet Student Tours eine Nord- und Südinselreise, zusammen mit ca. 40 anderen Deutschen und ein paar Italienern, Iren und Mexikanern. Es wurde die beste Reise meines Lebens, bezeichnet man nicht den gesamten Austausch als Reise. Neuseeland hat so eine wunderschöne Natur, es gibt sowohl weiße Strände mit Palmen als auch Regenwälder, Gletscher und giftgrüne, kochendheiße Schwefelpools, Geysire, Schneebedeckte Berge und direkt daneben türkises Meer. Außerdem war ich auch von der Kultur sehr beeindruckt, als Kind hatte ich mir beim Lesen von Indianergeschichten immer gewünscht, dass diese Indianer so noch existieren würden. Als ich dann die Tänze, Gesänge, das Essen, die Kleidung und Behausung der M?ori sah, ging dieser Traum in Erfüllung. Es ist toll zu sehen, wie diese uralte Kultur immer noch ausgeübt wird und die Kiwis so stolz macht. Andere Erlebnisse, an die ich mich wohl mein Leben lang erinnern werde, waren Whale Whatching, bei dem wir nicht nur Wale, sondern auch Delfine, Albatrosse und Seerobben sahen und Bungy Jumping in Queenstown. Insgesamt war diese Zeit im Ausland, in Neuseeland, weit weg von Zuhause für mich eine lebenswichtige Erfahrung, an die ich mich immer mit Sehnsucht erinnern werde. Ich kann nur jedem empfehlen, einmal so einen Austausch zu machen. Dabei spielt es fast keine Rolle, wohin man geht, ich glaube, dass einem jedes Land ans Herz wachsen wird. Am Anfang war ich fest davon überzeugt zurück nach Hause zu wollen, am Ende war ich unendlich froh, das nicht in die Tat umgesetzt zu haben, ich wäre sonst nicht zu dem Menschen geworden der ich heute bin. Tēnā koutou