Ab Juli letzten Jahres war ich für fünf Monate in Neuseeland. Ich möchte euch gerne etwas mehr über meinen Aufenthalt dort erzählen. Beim Abschied von meiner Familie weinte ich nicht. Im Flugzeug freute ich mich immer noch tierisch. In Wellington, während der Vorbereitungswoche, ging es mir aber richtig schlecht. Ich denke, mein Heimweh war schon ziemlich heftig. Das sage ich jetzt nicht um euch die Vorfreude zu vergraulen, die meisten hatten schon in Wellington viel Spaß. Aber es kann auch anders kommen. Für mich war Neuseeland am Anfang kalt, einsam und ungemütlich. In Wellington fühlte ich mich so dazwischen - weder zu Hause noch woanders. Ich aß nichts. Heimweh war für mich etwas völlig neues, ich war schon häufiger verreist und es ging mir immer gut. Doch in Neuseeland war alles anders. Immer und immer wieder kramte ich die mitgebrachten Fotos von meiner Familie raus, erinnerte mich an den Abschied. Alle versuchten, mir zu helfen. Am meisten schaffte das wohl meine erste Gastmutter in Wellington. „Du kannst nach Hause“, sagte sie. „Du musst hier nicht ein halbes Jahr bleiben. Bleib drei Monate. Nimm dir vor drei Monate zu bleiben und dann kannst du gehen.“
Und das war es, was ich dachte und was ich euch allen empfehle, falls es euch genauso wie mir gehen wird. Denkt nicht an ein halbes Jahr oder sogar ein ganzes. Stellt euch vor, ihr könnt auch einfach nur drei Monate bleiben. (Natürlich werdet ihr das nicht. Kein Heimweh hält drei Monate. Meins war auch nach knapp einer Woche wieder weg, sobald die Schule angefangen hat und es was zu tun gibt, habt ihr eh keine Zeit. Aber wenn es euch einmal erwischt hat, dann glaubt ihr das keinem. Also denkt dran.) Meine Gastfamilie in Dunedin empfing mich freundlich, aber der tägliche Umgang war nicht immer leicht. Mein Gastvater war arbeitslos, meine Gastmutter arbeitete halbtags und die Stimmung war manchmal etwas bedrückend. Es gab keine Kinder in der Familie, nur einen japanischen Gaststudenten, der sehr zurückgezogen lebte. Aber ich wollte mir nicht den Spaß verderben lassen. Ich war lange genug traurig und dort, endlich angekommen, wollte ich meine Zeit nur noch genießen. Ich scherte mich nicht mehr darum, dass alles so ganz anders war als ich es mir vorgestellt hatte; dass mir nur ein Zimmer zur Verfügung stand, in dem noch nicht mal ein Doppelbett reingepasst hätte, und dass die einzig nutzbare Heizquelle das Feuer im Wohnzimmer war. Denn die Schule war toll. Ich liebte meine gewählten Fächer. Ich fühlte mich bereits nach dem ersten Tag am KVC wohl und aufgenommen. Die Schuluniform war zwar nicht die hübscheste, aber wenn die alle tragen fällt das eh nicht auf und es ist auch so viel einfacher, sich nicht jeden morgen erstmal ewig fertig machen zu müssen. Außerdem gab es auch „Mufti- Days“, an denen alle Schüler in normalen Klamotten zur Schule kommen durften- ein Highlight in jedem Term. Ich war so stolz, als einzige Austauschschülerin in den Pausen ausschließlich mit Kiwis rumzuhängen. (Das klappt nur, wenn ihr jede einzelne Hofpause euch von euren bekannten deutschen Freunden löst und stattdessen irgendeinem Kiwi-Schüler folgt, der euch nett erscheint, und ihr, auch wenn ihr nichts versteht, jedes Mal lacht, wenn es die anderen tun, oder wenigstens lächelt.) Ich verstand mich aber auch sehr gut mit den anderen Internationals und wir machten viele Ausflüge zusammen. Schon nach kurzer Zeit verstand ich alles, was im Unterricht gesagt wurde, und brachte mich mit den anderen Austauschschülern gut ein. Ich lernte nähen, Architektur und Theater und konnte jeden Tag zeichnen. In „Outdoor Activities“ machten wir jede Woche großartige Ausflüge. Es gab immer etwas, auf das man sich freuen konnte.
Ich war wirklich von Anfang an lieber in der Schule oder mit meinen Freunden unterwegs als zu Hause. Und alles ging seinen Gang. Ich war wirklich glücklich. Wir Schüler unternahmen wirklich furchtbar viel; es gab ja weder Klassenarbeiten noch Hausaufgaben. Also vertrieben wir uns unsere Zeit in der Stadt, besuchten die Schokoladenfabrik und machten Picknicks, mal waren wir da unter Deutschen, mal mit den Brasilianern oder Asiaten, und mal traf ich mich mit der neuseeländischen Clique. Alle lernten sich immer besser kennen und wir fingen auch an, Übernachtungen zu organisieren (wie die legendäre Cupcake- Party bei Franzi oder das Geburtstagsessen bei Fiona.) Gleichzeitig gab ich mir alle Mühe, es meiner Gastmutter Recht zu machen, doch egal wie viel ich aufräumte, egal wie viel ich redete, sie schien nie zufrieden zu sein. Also sprach ich noch mal mit unserer Helferin an der Schule und mit meinen Freunden. Und dann entschied ich mich doch die Gastfamilie zu wechseln. Der Tag, an dem ich das meiner Host Mum erzählte, war natürlich nicht toll. Aber ich möchte mich nicht beschweren. Es ist nie einfach zu wechseln. Und nicht jeder passt zu jedem. Mir wurde geholfen, so gut es ging. Ich durfte mich zwischen zwei neuen Familien entscheiden. Leider musste ich dann auch noch zwei Wochen warten, bis ich umziehen konnte, aber ich hatte die Schule und meine Freunde, und wir hatten viel Spaß miteinander. Gleichzeitig lernte ich zu der Zeit meinen späteren neuseeländischen Freund Daniel kennen. Auch gab sich auch meine Gastmutter alle Mühe, nicht zu böse zu sein. Klar war sie verletzt, das wäre ich auch. Aber als ich zum Beispiel in diesen zwei Wochen einmal fragte, ob ich ausgehen dürfe zu einer Feier eines Bekannten in der Gegend, war das in Ordnung. Nach dem schwierigen Umzug hatte ich auch zu Hause sehr viel Spaß. In meiner neuen Gastfamilie war ich willkommen, hatte ein ausreichend großes Zimmer, eine gleichaltrige Gastschwester und einen kleinen Bruder. Ich konnte mich immer großartig mit irgendwem unterhalten. Ich durfte immer alles essen und habe auch zweimal mit Freundinnen für meine Familie gekocht. Außerdem lag mein neues Zuhause viel näher an der Schule, ich konnte mit dem Fahrrad zur Schule fahren anstatt den Bus nehmen zu müssen. Als dann viel zu schnell die Zeit des Abschiedes kam (leider habe ich erst zur Hälfte meines Aufenthaltes gewechselt) war alles sehr traurig und herzzerreißend. Ich traf mich noch ein letztes Mal mit meinen deutschen Freunden, meinen neuseeländischen Freunden und meiner besten Freundin Georgia. Und dann ging es auf zur Nordinsel. Während meines Aufenthaltes habe ich drei Reisen gemacht. Bei allen dreien hatte ich keinerlei Probleme, das mit IST und meiner Schule abzusprechen. Die erste mit einer Organisation namens ActivePlanet. Die war sehr lustig, vor allem durch den Bungy Sprung in Queenstown, den ich gemacht habe. Das kann ich allen nur empfehlen. Leider waren wir praktisch nur Deutsche und auch unser Leiter sprachen häufig Deutsch. Aber trotzdem hatten wir viel Spaß zusammen. Die zweite war ein Trip zum Lake Tekapo mit meiner Schule, dem Kaikorai Valley College.
Auch hier waren wir nur Internationals und 90% Deutsche. Insgesamt hat mir meine Schule sehr gut gefallen, es gab tolle Fächer und alle haben sich viel um uns gekümmert; allerdings waren wir rund 15 Deutsche. Ich war die einzige, die in einer reinen Kiwi-Gruppe in den Pausen rumhing, und das war auch teils Glückssache. Wenn ihr euch also entscheidet, eine relativ beliebte Schule zu besuchen, bleibt dran! Freunde macht man nicht an einem Tag, doch um sich hinterher wirklich „drin“ zu fühlen, muss man sich dann auch in den Lunchtimes ein bisschen von den International- Rooms entfernen. – Der Schultrip war trotzdem fantastisch und ich habe meiner Meinung nach den schönsten Ort der Welt besucht, die Elephant Rocks. Meinen letzten Trip habe ich ganz zum Schluss gemacht, und zwar mit FlyingKiwi über die Nordinsel.
Der Leiter war lustig und der Busfahrer auch. Aber, abgesehen vom schlechten Wetter, war es der Fehler der Organisation, dass fast jede dritte Aktion ins Wasser fiel. Zuerst brach unser Bus zusammen, was zur Folge hatte, dass wir einen ganzen Tag und zwei Mahlzeiten verpassten. Wir konnten nicht campen und mussten in einem Hostel in Auckland übernachten.
Immerhin hat die Organisation sich entschuldigt und einen Teil der Kosten erstattet, und ich denke auch hier war das einfach sehr viel Pech. Insgesamt war Neuseeland eine richtig tolle Erfahrung und ich würde jederzeit noch mal hinfahren. Auch IST hat uns alle sehr gut vorbereitet. Klar, ich bin wahrscheinlich eher der Einzelfall mit meinem Familienwechsel, und das Leben ist voller Überraschungen. Doch bleibt stark, denn was auch immer kommt, es gibt immer Menschen die euch helfen. Und zum Schluss kannte ich eh keinen der nicht am liebsten noch mal verlängert hätte.
- Fiona W.
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Kaikorai Valley College: Fiona W.
Nun bin ich schon seit über einem Monat wieder zurück in Deutschland und immer noch fangen meine Augen an zu leuchten,…