Mein erster Eindruck
Ich gehe seit Juli 2018 auf das Mt. Aspiring College in Wanaka auf der Südinsel Neuseelands. Meine Gastfamilie besteht aus Mutter und Vater, sowie zwei kleinen Gastgeschwistern (Zwillingsmädels, beide sieben Jahre alt, blond und blauäugig wie kleine Engel). Als ich am Flughafen angekommen bin, haben sie einen sehr netten Eindruck gemacht und diesen auch die ganze Zeit bestätigt. Auf der Rückfahrt im Auto haben wir sehr viel geredet und die Kinder hatten viele Fragen. Glücklicherweise ist mir das mit dem Englisch nicht sehr schwer gefallen und ich war sehr stolz, als sie mein Englisch gelobt haben.
So viele liebe Menschen
An meinem ersten richtigen Tag in Neuseeland haben sie mir ein bisschen den See und die kleine Strandpromenade von Wanaka gezeigt. Danach sind wir mit der ganzen Familie in das Café mit der besten heißen Schokolade in ganz Wanaka gegangen, wo wir die Tante, den Onkel, das kleine Cousinchen und Oma & Opa getroffen haben, mit denen ich mich dann auch sehr gut unterhalten habe. Ich habe die ganze Familie schon am ersten Tag richtig ins Herz geschlossen und dieser erste Tag im Café mit der ganzen Familie hat mir den Einstieg in das Leben in Neuseeland sehr erleichtert, da ich mich sofort Willkommen gefühlt habe.
Mein Schulalltag
Ich laufe jeden Tag mit einer Schweizerin zur Schule, die in meiner Nähe wohnt. Ich hatte bereits nach ein paar Tagen einen festen Kreis aus internationalen und Kiwi Freunden, mit denen ich auch nach der Schule manchmal in die Stadt gehe oder die Berge in meiner Nähe besteige. Die Schule gefällt mir sehr gut, obwohl die meisten Kurse nicht wirklich anstrengend sind, da wir in Geschichte zum Beispiel deutsche Geschichte machen und viele Filme darüber anschauen oder in Sports & Recreation Spiele spielen (nicht dass ich das schlecht finden würde). Das einzig wirklich anstrengende Fach ist Mathematik, weil ich dort im höchsten Kurs bin. Aber die internationalen Schüler in diesem Kurs kommen trotzdem sehr gut zurecht. Was mich sehr überrascht hat, ist die Tatsache, dass es fast in allen Fächern erlaubt ist Musik zu hören, Fotos von Tafelbildern zu machen und es sogar empfohlen wird, einen Laptop zugunsten der Schonung der Bäume zu nutzen. Allgemein ist die Atmosphäre in meiner Schule sehr viel entspannter und persönlicher als in Deutschland, was ich persönlich sehr schätze.
Viel Freizeit und wenig Pflichten
Ich bin eine leidenschaftliche Kletterin und habe nach kurzer Zeit eine Kletterpartnerin gefunden mit der ich auch regelmäßig klettern gehe und mit der ich sehr gut trainieren kann. Meinen Geburtstag hab ich dreimal gefeiert, einmal mit Kiwi Freunden, einmal mit internationalen Freunden und einmal mit der Großfamilie und jedes Mal war einzigartig und wunderschön. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Gastfamilie und ich persönlich denke, ich hätte es nicht besser treffen können. Ich rede sehr viel mit den Kindern und Eltern. Sie interessieren sich für meinen Tag und laden mich zu ihren Aktivitäten und Familientreffen ein, was, wie ich von meinen internationalen Freunden gehört habe, bei Weitem nicht selbstverständlich ist. Ich habe zudem nicht sehr viele Haushaltsverpflichtungen, da das meistens das Au pair aus Großbritannien übernimmt, mit dem ich mich auch richtig gut verstehe. Außer manchmal auf die Kinder aufpassen, mein Geschirr in die Spülmaschine räumen und die auch manchmal ausräumen und meine dreckige Wäsche in die Waschmaschine zu werfen habe ich nicht viel zu tun. Deswegen kann ich auch am Wochenende und nach der Schule sportlich aktiv sein, was mir als generelles Energiebündel zugutekommt. Ich kenne die umliegenden Wander- und Joggingstrecken praktisch auswendig, war schon dreimal auf dem höchsten Berg in der Umgebung (Mount Roy, 1500 Höhenmeter zu überwinden) und die Kletterhallenmitarbeiter kennen mich alle schon beim Namen.
Mit Beinkraft voran
Meine Gastfamilie hat mir sogar ein Fahrrad zur Verfügung gestellt, welches ich auch ausgiebig nutze, da ich schnell gelernt habe, dass man, wenn man nicht ständig nach einem Fahrdienst fragen möchte (und so ein Mensch bin ich nicht, ich möchte meine Gastfamilie nicht ausnutzen) am besten zu Fuß geht oder eben radelt, was angesichts der etwas längeren Distanzen in Wanaka angenehmer ist.
No german please!
Mit meiner Schule bin ich vollends zufrieden, auch wenn ich sie eigentlich auch deswegen ausgesucht habe, weil angeblich nicht sehr viele Deutsche dorthin kommen. Jetzt sind wir 35 internationale Schüler und davon sind 17 Deutsche, also fast die Hälfte. Ich spreche eigentlich immer Englisch, weil ich finde, dass man in einem englischsprachigen Land auch Englisch reden sollte, damit jeder versteht was man sagt. Leider wollen sich nicht alle deutsche Schüler daran halten. Um mit den Kiwis Kontakt aufzunehmen und Freundschaften zu schließen sollte man immer Englisch reden. Ich bin sehr zufrieden mit den Lehrern und dem Personal des Internationalen Language Centers, das mir demnächst sogar ermöglicht auf einen Kletterwettkampf in Wellington zu gehen.
Jeder Tag ist kostbar
Alles in allem glaube ich, dass ich es nicht hätte besser treffen können mit meiner Gastfamilie und meiner Schule, da sie perfekt auf meine Hobbies und meinen Charakter abgestimmt sind. Ich glaube, ich habe mich schon etwas verändert, bin selbstständiger und offener geworden, und gehe eher auf andere Menschen zu und habe ein Gespür dafür entwickelt, wie sich Menschen fühlen, auch wenn sie es nicht auf Englisch ausdrücken können. Mein Englisch hat sich in den letzten 1 1/2 Monaten extrem verbessert und ich spreche nun eigentlich akzentfreies Englisch, was mir oft verwunderte Blicke einbringt, wenn ich sage, dass ich eine Austauschschülerin aus Deutschland bin. Ich halte immer noch Kontakt zu meinen Freunden und meiner Familie, aber für mehr als ein paar Mails, etliche WhatsApp Nachrichten und einmal Skypen in zwei Wochen habe ich einfach keine Zeit. Ich habe auch bemerkt, dass ich sehr viel mehr und regelmäßigeren Schlaf brauche als in Deutschland, weswegen ich nie später als halb zehn ins Bett gehe, außer an Wochenenden und bei Filmabenden bei Freunden. Ich glaube, dass das daran liegt, dass mein Gehirn ständig aufpassen muss, wen es alles mitbekommen will und es nicht reicht, wenn ich nur mit einem Ohr zuhöre, da alles in einer anderen Sprache gesagt wird. Meine Zeit hier geht rasend schnell vorbei und ich kann nicht glauben, dass ich schon fast ein Drittel meines Austauschhalbjahres in Neuseeland gelebt habe. Einige meiner Freunde verlassen Neuseeland schon Ende September, was mich daran erinnert, jeden Tag zu nutzen und ihn irgendwie einzigartig zu machen.
Was mich am meisten in Neuseeland erstaunt hat, war, dass es fast keine Bus- und vor allem keine Bahnverbindungen gibt und dass viele Kiwis gar nicht so aktiv sind wie alle immer vorher gesagt haben, eher im Gegenteil. Sie lernen sehr viel nach der Schule, machen vielleicht einmal die Wochen eine sportliche Aktivität und jobben am Wochenende irgendwo in einem Laden. Außerdem haben sie mir erzählt, dass sie sich nur sehr selten außerhalb der Schule treffen, weil diese so lang dauert und bis sie heimkommen es teilweise schon fünf Uhr ist.
Ich hoffe ihr konntet einen kleinen Einblick in mein Leben hier in Wanaka bekommen.