25. Januar: Da stand ich nun am Hamburger Flughafen. Mein Flugticket und Reisepass in der Hand, den iSt-Rucksack auf dem Rücken und meine Familie und Freunde um mich herum. Vor mir lag das bisher größte Abenteuer meines Lebens: fünf Monate am anderen Ende der Welt: in einer Familie wohnen, die ich nur aus ein paar E-Mails kannte, in Wellington zur Schule gehen, viele neue Leute kennenlernen und Erfahrungen machen, neue Sachen ausprobieren usw… Ich war sehr aufgeregt und hatte Angst, Probleme mit der Sprache zu haben, dass ich mich mit meiner Familie nicht verstehen würde oder Schwierigkeiten in der Schule zu haben. Aber ich freute mich auch sehr auf die kommende Zeit. Und nach einem sehr tränenreichen Abschied ging es endlich los. Ich machte mich mit ca. 70 anderen Austauschschülern auf die 36-stündige Reise und nach Zwischenstopps in Frankfurt, Singapur und Auckland, kam ich endlich an meinem Traumziel Wellington an. Dort wurden wir von der deutschen Betreuerin der neuseeländischen Parteiorganisation in Empfang genommen und dann traf ich endlich meine Gastfamilie, eine alleinstehende ältere Frau, deren Kinder schon ausgezogen waren und zu der in zwei Wochen noch meine japanische Gastschwester kommen sollte. Sie nahm mich sofort sehr herzlich auf und wir fuhren zu ihr nach Hause. Von der Reise und dem Jetlag total geschafft und von Heimweh geplagt fiel ich sofort ins Bett. Am Montag begann dann das Vorbereitungsseminar in Neuseeland. Täglich fuhr ich in die Innenstadt, wo ich in einer kleinen Gruppe auf das kommende halbe Jahr vorbereitet wurde. Wir sprachen über die neuseeländische Kultur und Geschichte und es war sehr schön, sich in der Anfangszeit mit anderen Deutschen austauschen zu können, da alle mehr oder weniger das gleiche erlebten. Außerdem machten wir viele Ausflüge, z.B. ins National Museum, in den Hafen, zum Rock Climbing und auf den Mount Victoria. So lernte ich Wellington sehr schnell kennen und die Stadt gefällt mir wirklich sehr gut. Für mich ist es genau die richtige Mischung aus Großstadt und grünen Flecken, und der Strand mitten in der Innenstadt ist einfach super schön! Nach der ersten Woche kannte ich mich dann schon gut aus und fühlte mich auch in meiner Familie schon wie zu Hause. Als dann einige Tage später die Schule anfing, war ich noch mal sehr aufgeregt, doch auch hier wurde ich sehr freundlich begrüßt und der „Homestay Counsellor“ (Ansprechpartner für alle internationalen Schüler) und mein „Dean“ (mein Tutor an der Schule) machten es mir sehr leicht, mich schnell an der Schule zurecht zu finden. An dieser Stelle möchte ich ein bisschen über die Schule in Neuseeland erzählen. Ich ging auf das Newlands College, eine „Secondary School“, und wurde in Year 12 eingestuft, das hieß das ich nur English und Maths als Pflichtfächer hatte und die weiteren vier Fächer frei wählen durfte. Also nutzte ich die Chance, ein paar der „exotischen“ Fächer, wie Photography, Media Studies, Food & Nutrition, Drama, Design oder Tourism zu belegen. Am Ende hatte ich dann Maths, English, Music, Tourism, Media Studies und Food & Nutrition. Ich musste jeden Tag um 8.40 Uhr da sein, hatte dann zwei Schulstunden (die in NZ auch je wirklich eine ganze Zeitstunde lang sind), denen eine 20-minütige Pause folgte, danach noch mal zwei Stunden und dann 50 Minuten Lunchpause. Im Anschluss daran folgte die „formtime“. Hier wurde die Anwesenheit kontrolliert und Neuigkeiten angekündigt. Jeden Dienstag wurde die „formtime“ durch die „assembly“ ersetzt. Dort sprach der Schulleiter zu den Schülern oder andere Schüler hielten Reden. Danach hatte ich dann noch eine Stunde und um 15.10 Uhr war Schulschluss. Auch wenn das im Vergleich zu deutschen Schulen vielleicht recht lang ist, war ich nach der Schule nie so müde, wie ich es in Deutschland nach der Schule bin. Denn durch die vielen langen Pausen und da der Unterricht viel entspannter ist, ist die Schule in Neuseeland nicht wirklich anstrengend. Und das ist nicht der einzige Unterschied zum deutschen Schulalltag: Das auffälligste ist wohl das Tragen einer Schuluniform, die in meinem Fall aus einem knielangen Faltenrock, weißer Bluse und blauem Pullover, auf dem das Schulwappen zu sehen war, plus entweder schwarze Strumpfhose oder weiße Socken bestand. Auch wenn es am Anfang ein bisschen ungewohnt war, fand ich es toll, eine Uniform zu tragen. Man war morgens viel schneller fertig und bequem war es auch. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Lehrer weniger von den Schülern erwarten. Das Unterrichtstempo ist langsamer und mündliche Beiträge sind längst nicht so wichtig wie in Deutschland. Und je nachdem, welche Fächer man wählt, hat man auch nur wenig oder (wie in meinem Fall) eigentlich gar keine Hausaufgaben. Doch dadurch hatte ich umso mehr Zeit, an den „extra-curricular activities“ teilzu-nehmen. Denn das Angebot an Sport- und Musik-AGs ist an neuseeländischen Schulen sehr groß und vielfältig. Kaum ein jugendlicher „Kiwi“ macht Sport im Verein, da es sehr viele Sportteams an den Schulen gibt, die dann auch einmal wöchentlich gegen andere Schulen aus der Region spielen. Ich spielte für meine Schule Volleyball, Fußball und Badminton und es machte großen Spaß und ich lernte noch mehr Leute kennen. Außerdem war ich im Chor und im Schulorchester und machte bei der jährlichen „School Production“ mit. Wir führten das Musical „Guys & Dolls“ auf und probten dafür drei Monate lang und fuhren auch in ein dreitägiges Camp. Das alles machte sehr viel Spaß, aber wurde kurz vor den Aufführungen auch sehr aufregend. Meine gesamte Zeit verging wie im Fluge. Bei meiner Gastfamilie fühlte ich mich sehr wohl. Von Anfang an verstand ich mich mit meiner Gastschwester sehr gut. Wir verbrachten viel Zeit miteinander und am Ende war sie wirklich wie eine Schwester für mich geworden. Und auch mit meiner Gastmutter verstand ich mich sehr gut. Obwohl sie immer sehr beschäftigt war und viel arbeiten musste, hatte sie immer Zeit für mich, wenn ich Probleme hatte oder ihre Hilfe brauchte und unsere Beziehung wurde sehr persönlich und tief. Wir haben manchmal etwas zusammen unternommen und ich lernte viele Freunde von ihr können, die immer sehr nett und aufgeschlossen waren. Generell kann man wohl sagen, dass die „Kiwis“ sehr freundlich und hilfsbereit sind. Sie sind sehr aufgeschlossen und interessiert an allem Neuen und Fremden, so dass man sehr schnell mit ihnen ins Gespräch kommt, wobei man sich auch keine Sorgen um das Englisch machen muss. Denn die „Kiwis“ stört es gar nicht, wenn man Fehler macht. Außerdem sind sie sehr hilfsbereit und wollen Ausländern gerne ihr Land zeigen. Durch meine Gastmutter lernte ich auch viele Leute in ihrer Kirchengemeinde kennen. Alle Leute dort nahmen mich sehr herzlich auf und da ich Klavier spiele, konnte ich öfters den Gottesdienst mitgestalten. Außerdem gab es in der Kirche eine Jugendgruppe, die sich wöchentlich traf und viel gemeinsam unternahm. Ich verbrachte sehr viel Zeit mit ihnen und freundete mich mit einigen von ihnen sehr gut an. Wir hatten immer viel Spaß und die Treffen waren immer das Highlight meiner Woche. Relativ schnell hatte ich auch Freunde an der Schule gefunden, mit denen ich die Pausen verbrachte und mich auch oft am Wochenende traf. Wir gingen zusammen shoppen oder ins Kino, trafen uns zum DVD-gucken oder Kochen und hatten immer viel Spaß zusammen! Am Anfang war ich ziemlich schüchtern wegen der Sprache und weil alles neu war, doch mit der Zeit wurde es immer normaler und wir verstanden uns immer besser. Doch leider muss ich auch sagen, dass fünf Monate zu kurz waren, um richtig tiefe Freundschaften zu schließen. Im April hatte ich zweieinhalb Wochen Schulferien, in denen ich ein bisschen herumreiste. In der ersten Woche fuhr ich mit meiner Gastfamilie an den Lake Taupo, wo es wunderschön war. Wir machten viele Ausflüge und ich sah sehr viel von der neuseeländischen Landschaft, die echt beeindruckend ist. Wir fuhren zum Beispiel nach Rotorua, wo es den „blubbernden Schlamm“ gibt, der echt eklig stinkt, aber trotzdem irgendwie sehr cool ist, fuhren in die Stadt Taupo und ich machte einen Bungee-Jump. In der zweiten Woche besuchte ich die Schwester meiner Gastmutter in Christchurch. Auch hier sah ich viel vom Land und lernte viele nette Leute kennen. Doch leider reichte die Zeit nicht aus um die komplette Südinsel zu sehen. Das muss ich also auf jeden Fall noch mal nachholen! Doch kaum waren die Ferien vorbei, kam das Ende meiner Zeit auch unaufhaltsam näher und schon war das letzte Wochenende gekommen. Am Freitagabend fand der Schulball für alle Year 12s und Year 13s statt. Schon seit mehreren Wochen gab es kaum ein anderes Thema als den Ball, die Kleider, wer mit wem dorthin ging, wo die Afterparty stattfinden sollte usw. und nun war der Abend endlich gekommen! Ich fuhr mit meinen Freunden in einer Limousine dorthin und der Abend war „awesome“. Allerdings endete er sehr traurig und tränenreich, da ich von vielen lieben Menschen Abschied nehmen musste. Besonders schlimm wurde es dann noch mal am allerletzten Abend in meiner neuen Heimat und am Flughafen und am liebsten wollte ich dort bleiben. Inzwischen habe ich mich wieder gut hier eingelebt und habe nur noch selten „Heimweh“. Doch trotzdem möchte ich so schnell wie nur möglich wieder in meine „zweite Heimat“ zurück, denn meine Zeit da war einfach die bisher beste meines Lebens und ich vermisse alle meine Freunde dort sehr. Ich kann es nur jedem empfehlen, für eine Zeit lang nach Neuseeland zu fahren, denn es ist wirklich das Beste was man machen kann!! Abschließend möchte ich mich noch bei iSt für die tolle Vorbereitung und Betreuung bedanken! Es war echt super!! Christina Schubert Newlands College, Wellington, New Zealand