Mich am 9. Juli von meinen Freunden am Düsseldorfer Flughafen zu verabschieden, war trauriger als ich mir vorgestellt habe aber trotzdem war ich gespannt auf das, was mich auf der anderen Seite der Welt erwartete. Nach gut 36 Stunden Flug kamen ca. 70 andere deutsche Schüler und ich dann endlich in Wellington an, wo wir in einer Turnhalle eines Colleges in Wellington kurz Informationen zur nächsten Woche – unserer Vorbereitungswoche – bekamen, bevor wir dann nach und nach von unseren Welcome-Families abgeholt wurden. Ich war einer der wenigen, die gleich zu ihren richtigen Host-Families kamen und war deshalb noch nervöser als andere. Schließlich würde ich in wenigen Momenten die Leute kennen lernen, mit denen ich ein halbes Jahr verbringen würde. Im ersten Moment waren sowohl meine Gasteltern als auch ich total verunsichert, sodass mein Host-Dad erst einmal anfing, mir die Rugby- Regeln zu erklären. Von da an war klar: er liebt Sport. Die Vorbereitungswoche begann gleich am Tag nach meiner Ankunft, und nach einem etwas gewöhnungsbedürftigen Frühstück ( jeder sollte mal Vegemite probiert haben, auch wenn es eigentlich eklig ist) ging ich zum Strand und wartete frierend auf die Fähre nach Wellington, die schließlich aus dem Nebel hervorkam. An sich war die Vorbereitungswoche ganz interessant, auch wenn sie einen kaum auf das vorbereiten konnte, was auf einen zukam. Aber so lernte man zumindest die Gegend kennen und konnte so langsam realisieren, dass man tatsächlich in Neuseeland war. Kaum hatte ich mich an meine Familie (und deren Hunde) gewöhnt, wurde ich wieder nervös, als der erste Schultag in der Hutt-Valley-High-School bevorstand. Allerdings gab es dafür keinen Grund, wie ich dann feststellte, da man sehr herzlich aufgenommen wurde, zumindest in den meisten Fächern. Nur in Maori fühlte man sich nicht so willkommen, was vielleicht daran lag, dass es eine neunte Klasse war und die Schüler 3 Jahre jünger waren. Aber zum Glück konnte man seine Fächer noch umwählen. Was ich nach 2 Terms jedem, der nach Neuseeland fährt, raten kann, ist auf jeden Fall in Year 12 zu sein und ausgefallene Fächer zu wählen. Tourism und Electronics waren bei mir immer die kleinen Höhepunkte des Schultages. Die Highlights meines gesamten Aufenthalts waren allerdings die Reisen, die ich unternommen habe. In den Frühlingsferien bin ich für fast 2 Wochen über die Südinsel gereist, die viel schöner als die Nordinsel ist. Mit einem Reisebus sind wir von Ort zu Ort gefahren, waren im Abel Tasman National Park kayaken, was sich vielleicht langweilig anhören mag, aber tatsächlich richtig viel Spaß macht, sind über den Franz-Josef-Gletscher gewandert, mit einem Boot durch den berühmten Milford-Sound gefahren und zum Abschluss bin ich doch tatsächlich in Queenstown von der Kawarau-Bridge gesprungen, der ersten Bungy-Site der Welt! Sich dafür anzumelden war ja noch einfach, schließlich waren es doch nur 43m freier Fall. „Nur 43m??“, dachte ich mir dann, als ich die Brücke sah. Erst recht als ich auf der Brücke stand, kam mir der Abstand zwischen Brücke und Wasser unendlich groß vor. Da ist es nicht gerade leicht sich einfach nach vorne kippen zu lassen und zu fallen, aber der Moment des freien Falls ist einfach unbeschreiblich. „It was sweet as“ hieß es auf dem persönlichem Fotoalbum, das ich mir danach gekauft hatte, und dem kann ich nur zustimmen. Geendet hat unsere Reise in Christchurch, das wir mit einiger Verspätung erreichten, weil wir doch tatsächlich in einen Schneesturm geraten waren. Wer wollte, konnte die Nacht noch in Christchurch bleiben, die Schäden des Erdbebens begutachten und in einem (ehemaligen) Gefängnis übernachten. Nach den Ferien begann dann die Leichtathletik-Saison in Neuseeland und neben Wettkämpfen in Wellington nahm ich mit ein paar Freunden auch an regionalen Wettkämpfen in anderen Orten teil, was immer richtig lustig war, da es meistens eher ein verrückter Roadtrip war, der einmal nachts mitten im Nirgendwo mit fast leerem Tank vor einer gesperrten Straße endete. Aber dank neuseeländischer Gelassenheit konnte einen nichts aus der Ruhe bringen. Im Nachhinein bereue ich es ein bisschen, mich für Hutt High entschieden zu haben, da dort nicht das Fach „Outdoor-Education“ angeboten worden ist, das, wie ich auf einem Schultrip festgestellt habe, unglaublich gut und aufregend sein muss. Denn Mitte November bin ich mit der Schule in den Tongariro National Park (südlich von Lake Taupo) zu einem Outdoor Pursuit Center (kurz OPC) gefahren. Angefangen haben wir mit relativ langweiligen teambildenden Spielen und nur ein bisschen Nervenkitzel im Hochseilgarten, so dass alle noch ein wenig skeptisch waren, ob es denn wirklich ein so unglaublicher Trip werden würde wie uns immer gesagt wurde. Doch als es dann am nächsten Morgen auf den Mt. Ngauruhoe ging, der auch als Schicksalsberg aus „Der Herr der Ringe“ bekannt ist, war die Skepsis wie weggeblasen. Und spätestens am nächsten Tag, als wir nach dem Rock-Climbing unsere Zelte mitten in der Wüste aufgestellt hatten (was gar nicht so einfach war), waren alle begeistert. Geschlafen hatte in den Zelten jedoch kaum einer, da fast alle den unglaublich klaren Sternenhimmel anschauen und Sternschnuppen zählen wollten. Es war eine der schönsten Nächte in Neuseeland und in meinem ganzen bisherigen Leben! Am nächsten Morgen ging es dann früh weiter durch ein Flussbett bis zu einer Klippe, wo wir uns zu unserem Zielort abseilen mussten. Am letzten Tag ging es in eine Höhle. Nun mag man an weiträumige Tropfsteinhöhlen denken wo man sich nicht dreckig macht, aber die Höhle, die wir betraten, war das absolute Gegenteil: Durch kleine Spalten sind wir immer weiter ins Innere der Höhle vorgestoßen, wo wir dann sogar den „Challenge“ unseres Instructors angenommen haben, die Höhle ohne ihn wieder zu verlassen, und das mit nur 2 Taschenlampen für 10 Leute. Total durchnässt aber gut gelaunt kamen wir dann gut 40 Minuten später wieder ans Tageslicht – und mussten zurück nach Lower Hutt reisen! Zum krönenden Abschluss bin ich mit meinem Schulteam zu den neuseeländischen Meisterschaften nach Hastings gefahren und wurde – immerhin – 12ter mit meiner Staffel. Es war auf jeden Fall ein lohnendes Erlebnis und ich kann nur jedem raten sich irgendwie sportlich zu betätigen. Nach einer schönen letzten Woche, die mit einem Festessen mit meiner Familie endete, war dann auch alles schon vorbei und ganz plötzlich fand ich mich im deutschen Winterchaos am Frankfurter Flughafen wieder. Was ich von dem halben Jahr habe? Ich weiß jetzt, was ich mir zutrauen kann, dass ich viele Situationen auch ohne die Hilfe meiner Eltern lösen kann, aber dass ich meinen Eltern doch trotzdem viel zu verdanken habe; ich habe viele neue Freunde, viele tolle Erfahrungen und 8 Kilo mehr auf der Waage.