Erfahrungsberichte aus Maine
Waterboro: Carolin B.
An welchem Punkt genau ich entschieden hatte, ein Auslandsjahr machen zu wollen, weiß ich gar nicht mehr genau. Mein Englischlehrer hat mir eine Broschüre gegeben und ich habe mich einfach mal angemeldet. Bei dem Vorstellungsgespräch von iSt wurden schon die meisten meiner Fragen geklärt. Auch das Vorbereitungsseminar an einem Wochenende gab mir Sicherheit und ein paar Leute zum Austauschen auch während des Jahres. Meine Gastfamilie hat sich dann glücklicherweise ziemlich schnell gefunden. Sodass ich, bevor ich losgeflogen bin, noch einige Monate Zeit hatte sie kennen zu lernen (mit Email und Telefon). Als ich angekommen bin, sind wir als erstes essen gegangen. Da war ich noch total überfordert, die Speisekarte zu lesen, und musste mir immer wieder Wörter erklären lassen. Aber schon nach ein paar Wochen habe ich auf Englisch geträumt und bald auch gedacht. Außer meinen Gasteltern James und Kate habe ich noch mit meiner 14-jährigen Gastschwester Gwen, der 5-Jährigen Aria und der Oma Phyllis zusammen in einem Haus gelebt - und mit der zweiten Austauschschülerin. Zuerst hatte ich noch meine Zweifel, ob durch eine zweite Austauschschülerin die Integration in die Familie schwerer sein würde, aber nach ein paar Wochen haben sich Julia, sie kommt aus Süd-Korea, und ich schon richtig gut verstanden. Wir lebten auf einer kleinen Farm mit ein paar Pferden und Hühnern und mit einer halben Meile Entfernung zu unseren Nachbarn. So abgeschnitten zu sein, ist zwar erst ziemlich ungewohnt, aber hat auch seine Vorteile, wie zum Beispiel den (mit Abstand) schönsten Sternenhimmel, den es gibt. Unsere Area Rep hat sich während des Jahres um Julia und mich gekümmert. Wir konnten sie immer anrufen, wenn es nötig war. Alle zwei Monate haben wir uns getroffen und etwas zusammen unternommen, wie z.B. eine Tagesfahrt nach Boston. Sie war sehr nett und hatte meistens gute Tipps für uns. Massabesic High School (das Wort kommt übrigens von einem Indianerstamm, der dort einmal lebte und bedeutet so viel wie viele Seen) war für mich die ersten Tage sehr verwirrend und groß. Aber in den Kursen habe ich sofort Leute kennen gelernt, die mir alles gezeigt haben: Wie man sein Schließfach öffnet, wie man in der Cafeteria mit einer Schülernummer bezahlt, wie man sich für Sport einschreibt und noch viel mehr. Besonders toll fand ich, dass es den School Spirit, den man aus High School Filmen kennt, an meiner Schule wirklich gab. Deswegen kamen an manchen Tagen alle grün-weiß zur Schule, (unser Schulmaskottchen war ein grün-weißer Mustang) um danach die Schulmannschaft bei Football oder Basketballspielen anzufeuern. Nach der Schule sind wir oft an den Strand gefahren oder an einen der Seen, die dort überall zu finden sind. Und natürlich gab es dann noch den Sport: Ich habe Basketball und Tennis gespielt, was hieß, dass ich jeden Tag, der jeweiligen Saison, 2 Stunden Training hatte und manchmal abends die Spiele. Aber es hat, trotz der harten Arbeit, sehr viel Spaß gemacht und war ein guter Weg neue Freunde zu finden. Dank meiner Gastfamilie hatte ich die Möglichkeit viel zu reisen. In Maine gibt es sehr viel Schönes, wie den Indian Summer, wenn sich alle Bäume im Herbst verfärben, oder die vielen Seen und Strände. Auf einem Ausritt im Nationalpark Acadia, der übrigens wirklich einen Besuch wert ist, habe ich mir leider das Handgelenk gebrochen. Das war aber zum Glück halb so schlimm und mit der Versicherung war auch alles in Ordnung. Außer in Maine war ich noch in New Hampshire, Boston, New York City und Washington D.C. und bei den Niagara Fällen. New York mit den chaotischen Straßen und den vielen verschiedenen Menschen dort hat mir am besten gefallen. Da ich ein „Senior“ war, konnte ich auch an der Graduation, also der Abschlussfeier, teilnehmen. Die fand in dem Eishockey Stadion von Portland statt (das ist die größte Stadt in Maine), sodass sehr viele Leute da waren. Die Graduation ist für Amerikaner einer der wichtigsten Tage in ihrem Leben. Ihre Verwandten kommen von überall her und jubeln für sie, wenn sie ihr Diplom überreicht bekommen. Als alle ihre Hüte hochgeworfen hatten, und das Konfetti durch das Stadion flog, war auch meine Zeit an der High School vorbei. Eine Woche später hat mich schon meine ganze Familie am Flughafen von Hannover erwartet. Am Nachmittag kamen auch meine Freunde um mit mir zu feiern. Mit vielen meiner amerikanischen Freunde und natürlich auch mit meiner Gastfamilie habe ich immer noch viel Kontakt mit Briefen, Skype und Emails. Aber meinen ,,American way of life“ vermisse ich natürlich trotzdem.